Doku­men­ta­ti­on der Ver­an­stal­tung des Kom­pe­tenz­netz­werks am 25.4.24

„Wenn sich Lena plötz­lich Lars nennt“: Inter­view mit Susan­ne

von | 26.04.24

Foto von Alexander Grey auf Unsplash

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Am 21.3.2024 refe­rier­te Leh­re­rin Susan­ne im Kom­pe­tenz­netz­werk der Frau­en­hel­din­nen zum The­ma: „Wenn Lena plötz­lich Lars sein will. Umgang mit Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie im Klas­sen­zim­mer“. Hier doku­men­tie­ren wir die Fra­gen, die sie beant­wor­tet hat.

Fra­gen und Ant­wor­ten im Gespräch mit Susan­ne

Frau­en­hel­din­nen­Ma­ga­zin (FHM): Lie­be Susan­ne, als Leh­re­rin für Latein, Grie­chisch und Phi­lo­so­phie liegt die freie Rede gewis­ser­ma­ßen auch dei­ner Berufs­ent­schei­dung zugrun­de. Siehst du sie durch die Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie bedroht?

Susan­ne: Ich las­se mir nicht so leicht das Spre­chen – und erst recht nicht das Den­ken – ver­bie­ten, von daher füh­le ich mich per­sön­lich hier gar nicht so betrof­fen und hof­fe, das bleibt so. Aber da ich ja stän­dig mit Spra­che arbei­te, fal­len mir die engen Sprach­re­ge­lun­gen, die die Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie ver­langt, immer wie­der auf.

In einem Inter­net­for­mat des öffent­lich-recht­li­chen Jugend­funks, der Serie „Druck“ bin ich zum ers­ten Mal mit die­ser Theo­rie in Kon­takt gekom­men. Es ging um ein Mäd­chen, das sich als „trans“ iden­ti­fi­zier­te – und das von den ande­ren Seri­en­cha­rak­te­ren beharr­lich als „er“ bezeich­net wur­de. Es war ver­pönt, von ihr als dem Mäd­chen zu spre­chen, das sie war.

Ein wei­te­res Bei­spiel: Mei­ne Toch­ter hat­te eine Mit­schü­le­rin, die sich als „trans“ iden­ti­fi­zier­te. Und sie ermahn­te uns, beein­flusst vom herr­schen­den Zeit­geist, zu Hau­se immer wie­der dazu, von „ihm“ zu spre­chen, und nicht mehr ihren ech­ten Namen zu ver­wen­den, denn das sei respekt­los und kön­ne ein Trau­ma ver­ur­sa­chen.

Das kam mir schon son­der­bar vor, als ich mich noch gar nicht mit der Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie beschäf­tigt hat­te. Außer­dem war die Rück­sicht­nah­me wider­sin­nig: Das Kind war ja gar nicht anwe­send.

Spä­ter habe ich dann die Dog­men der Theo­rie bewusst wahr­ge­nom­men: Der ech­te Name ist bei den Anhän­gern der Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie der „Dead­na­me“ und darf nicht mehr aus­ge­spro­chen wer­den.

FHM: Bekannt ist der Satz „Trans­frau­en sind Frau­en“. Was steckt dahin­ter?

Susan­ne: Als Ethik­leh­re­rin fal­len mir bei dem Satz Ähn­lich­kei­ten zu Reli­gio­nen, ins­be­son­de­re zu archai­schen Reli­gio­nen auf. Es gibt Tabus wie den „Dead­na­me“, der nicht genannt wer­den darf. Und es gibt Dog­men, also Glau­bens­wahr­hei­ten, die man nicht hin­ter­fra­gen darf, son­dern akzep­tie­ren muss, wie eben „Trans­frau­en sind Frau­en“.

Hier kann man auch gut die archai­sche Vor­stel­lung fin­den, dass Spra­che Rea­li­tät schafft. Das bekann­tes­te Bei­spiel ken­nen wir aus der bibli­schen Schöp­fungs­ge­schich­te, der Gene­sis: „Gott sprach: Es wer­de Licht. Und es wur­de Licht. Und Gott nann­te das Licht Tag und die Fins­ter­nis nann­te er Nacht.“

Dadurch, dass Gott etwas sagt, wird es Rea­li­tät. Ana­log wird aus einem Mann, der sich als trans iden­ti­fi­ziert, erst eine „Trans­frau“, dann eine Frau – ein­fach, weil er es sagt.

Ist die Par­al­le­le zwi­schen dem Sprech­akt in der christ­li­chen Schöp­fungs­ge­schich­te und dem woken „selbst­be­stim­men Geschlechts­ein­trag“ Zufall oder gibt es noch mehr Par­al­le­len?

Susan­ne: Ein wei­te­res Bei­spiel ist die Trans­sub­stan­tia­ti­ons­leh­re im Katho­li­zis­mus. Trans­sub­stan­tia­ti­on heißt Wesens­ver­wand­lung: In der hei­li­gen Mes­se beim Abend­mahl wan­deln sich Brot und Wein in Leib und Blut Chris­ti – wenn der Pries­ter die „Wand­lungs­wor­te“ Chris­ti wie­der­holt: „Das ist mein Leib, der für euch hin­ge­ge­ben wird“ aus dem Lukas-Evan­ge­li­um.

Wohl­ge­merkt: Das Brot sieht wei­ter­hin aus wie Brot, nur sei­ne „ech­te“ Sub­stanz, das, was es „wirk­lich“ ist, ist nun der Leib Jesu Chris­ti. Ganz ähn­lich wie bei bekann­ten „Trans­frau­en“: Sie sehen mehr oder weni­ger genau so aus wie vor­her – aber es wird fest geglaubt, sie sei­en jetzt Frau­en.

Es wird mitt­ler­wei­le gar nicht mehr der Anspruch erho­ben, eine „Tran­si­den­ti­tät“ sei irgend­wie objek­tiv nach­weis­bar. Auch im Chris­ten­tum sind die „Got­tes­be­wei­se“ aus der Mode gekom­men, was zählt, ist allein die rein sub­jek­ti­ve Emp­fin­dung, der sub­jek­tiv emp­fun­de­ne Glau­be.

Die offi­zi­el­le Defi­ni­ti­on der „Gen­der­iden­ti­tät“, die Ver­fech­ter der Theo­rie auf der sogen. Yog­ya­kar­ta-Kon­fe­renz fest­ge­legt haben, lau­tet: „das tief emp­fun­de­ne inne­re und per­sön­li­che Gefühl der Zuge­hö­rig­keit zu einem Geschlecht“. Bei­des, die Exis­tenz eines Got­tes und eine Gen­der­iden­ti­tät, kann man nur per­sön­lich sub­jek­tiv emp­fin­den und dar­an glau­ben.

Und noch eine Gemein­sam­keit mit der Reli­gi­on gefäl­lig? Es gibt „Abge­fal­le­ne“, also Men­schen, die vom Glau­ben abfal­len und dafür bestraft wer­den. Das sind die Detran­si­tio­nie­rer, also die­je­ni­gen, die ihre „Tran­si­ti­on“ rück­gän­gig machen und denen man vor­wirft, sie sei­en Ver­rä­ter und nie wirk­lich „trans“ gewe­sen.

FHM: Die Theo­rie von den Gen­der­iden­ti­tä­ten drängt zuneh­mend in die Schu­len. Leh­re­rIn­nen nut­zen Mate­ria­li­en, die davon durch­drun­gen sind und das Geschlecht als Spek­trum betrach­ten, das nur jeder Mensch selbst emp­fin­den kön­ne. Was ist, wenn man das ablehnt und dies im Unter­richt auch arti­ku­lie­ren möch­te? Muss man die­se Mate­ria­li­en benut­zen?

Susan­ne: Was den Unter­richt angeht, ist es so, dass man als Leh­re­rin ver­pflich­tend das unter­rich­ten muss, was im Lehr­plan des jewei­li­gen Bun­des­lan­des steht. Außer­dem gibt es meis­tens noch ver­bind­li­che Richt­li­ni­en zur Sexu­al­erzie­hung. An die muss man sich ver­pflich­tend hal­ten. Das ist jetzt natür­lich von Bun­des­land zu Bun­des­land ver­schie­den. Aber man ist weder ver­pflich­tet, mit irgend­wel­chen spe­zi­fi­schen Mate­ria­li­en zu unter­rich­ten, noch mit einem bestimm­ten Kapi­tel in einem Buch. Man kann auch sein eige­nes Mate­ri­al erstel­len, Haupt­sa­che, man hält sich an den Lehr­plan bzw. die Richt­li­ni­en.

FHM: Was geben die unter­schied­li­chen Bun­des­län­der denn vor in Sachen Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie?

Susan­ne: Es gibt wich­ti­ge Unter­schie­de: Im hes­si­schen Lehr­plan Sexu­al­erzie­hung sind z.B. „unter­schied­li­che sexu­el­le Ori­en­tie­run­gen und geschlecht­li­che Iden­ti­tä­ten (Hetero‑, Bi‑, Homo- und Trans­se­xua­li­tät) ver­bind­li­che The­men.

In Bay­ern heißt es wie­der­um in den „Richt­li­ni­en für die Fami­li­en- und Sexu­al­erzie­hung“:

„Schü­le­rin­nen und Schü­ler […] schlüs­seln die Viel­falt der unter dem Geschlechts­be­griff sub­su­mier­ten Aspek­te auf: bio­lo­gi­sches Geschlecht, selbst emp­fun­de­ne Geschlechts­iden­ti­tät und Rol­len­ver­ständ­nis […]“; ach­ten die eige­ne sexu­el­le Ori­en­tie­rung und die sexu­el­le Ori­en­tie­rung ande­rer (Hetero‑, Homo‑, Bise­xua­li­tät); ach­ten und wis­sen um Trans- und Inter­se­xua­li­tät.“

Es ist hier nicht genau defi­niert, was Trans­se­xua­li­tät ist.

Das heißt: In Bay­ern ist nicht vor­ge­schrie­ben, dass man Trans­se­xua­li­tät als „Iden­ti­tät“ unter­rich­tet, in Hes­sen aber schon.

FHM: Haben die Eltern auch ein Wört­chen mit­zu­re­den, wenn die Gefahr besteht, dass ihre Kin­der mit einer glau­bens­ar­ti­gen Dok­trin wie der Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie beschallt wer­den?

Susan­ne: Teil­wei­se ja. In Nie­der­sach­sen heißt es in § 96 des Schul­ge­set­zes:

„Die Lehr­kräf­te haben Inhalt, Pla­nung und Gestal­tung des Unter­richts mit den Klas­sen­el­tern­schaf­ten zu erör­tern. Dies gilt vor allem für Unter­richts­fä­cher, durch die das Erzie­hungs­recht der Eltern in beson­de­rer Wei­se berührt wird. Die Erzie­hungs­be­rech­tig­ten sind ins­be­son­de­re über Ziel, Inhalt und Gestal­tung der Sexu­al­erzie­hung recht­zei­tig zu unter­rich­ten, damit die Erzie­hung im Eltern­haus und die Erzie­hung in der Schu­le sich so weit wie mög­lich ergän­zen.“ Wei­ter heißt es: „Dabei sind ihr Per­sön­lich­keits­recht und das Erzie­hungs­recht der Eltern zu ach­ten.“

Da muss man sich dann, so sehe ich das, auf den kleins­ten geeig­ne­ten Nen­ner eini­gen: Wenn Eltern dage­gen sind, den Kin­dern Kon­zep­te wie die Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie zu ver­mit­teln, und sie auch nicht im Lehr­plan steht (und das tut sie in Nie­der­sach­sen nicht), dann muss man sie nicht unter­rich­ten, eigent­lich darf man sie dann auch nicht unter­rich­ten.

FHM: Woher holen sich die Schu­len denn ihr Wis­sen in Sachen Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie? Exter­ne Bera­tungs­stel­len? Sind die qua­lif­ziert? Und wes Geis­tes Kind sind die?

Susan­ne: Es kom­men Orga­ni­sa­tio­nen ins Spiel, die vor­der­grün­dig  zum The­ma „Anti­dis­kri­mi­nie­rung“ oder „Viel­falt“ von außen zu Work­shops an die Schu­le geholt wer­den, bei denen es aber dann doch um The­men der Sexu­al­erzie­hung geht, wozu man die Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie ja zäh­len muss. Hier müs­sen die Schul­lei­tun­gen sehr vor­sich­tig sein und dür­fen die Aus­wahl der Orga­ni­sa­tio­nen nicht z.B. der Schul­so­zi­al­ar­beit über­las­sen. Es gibt ja Orga­ni­sa­tio­nen, die Men­schen ohne jede päd­ago­gi­sche oder psy­cho­lo­gi­sche Qua­li­fi­ka­ti­on in 10tägigen Work­shops zu Bera­tern „qua­li­fi­zie­ren“.

In Bay­ern ist die Aus­wahl von exter­nem Fort­bil­dungs­per­so­nal schon mal gut gere­gelt: Der Schul­lei­ter oder die Schul­lei­te­rin muss einen oder eine Beauf­trag­te für Fami­li­en- und Sexu­al­erzie­hung an der Schu­le ernen­nen, sie oder er „prüft alle Ange­bo­te exter­ner Anbie­ter zur Fami­li­en- und Sexu­al­erzie­hung und stellt sicher, dass jede außer­schu­li­sche Zusam­men­ar­beit im Ein­klang mit den Richt­li­ni­en für die Fami­li­en- und Sexu­al­erzie­hung geschieht.“  

FHM: Wie ist die Lage, wenn die Schul­lei­tung expli­zit die Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie als fort­schritt­lich bezeich­net und durch­klin­gen lässt, dass sie es als „trans­feind­lich“ emp­fän­de, wenn der Lehr­kör­per das nicht mit­trägt? Was rätst du?

Susan­ne: Das ist eine schwie­ri­ge Situa­ti­on – denn Lehr­kräf­te sind natür­lich ihren Vor­ge­setz­ten, den Schul­lei­tern, gegen­über wei­sungs­ge­bun­den, das heißt, sie müs­sen tun, was die Schul­lei­tun­gen sagen. Zunächst ein­mal ist es ganz wich­tig, wie die Rege­lung im jewei­li­gen Bun­des­land lau­tet. In Ber­lin wur­de z.B. im letz­ten Herbst ein neu­er „LSBTIQ+ Akti­ons­plan“ ver­ab­schie­det, in dem es heißt:

„Die für Bil­dung zustän­di­ge Ver­wal­tung prüft die Ein­füh­rung von Richt­li­ni­en zum Umgang mit Anglei­chung und Aner­ken­nung des Geschlechts und der geschlecht­li­chen Iden­ti­tät von Schüler*innen. Die­se sol­len die Aner­ken­nung des selbst­ge­wähl­ten Vor­na­mens und der selbst­er­klär­ten Geschlechts­zu­ge­hö­rig­keit von trans, inter und nicht-binä­ren Schüler*innen bzw. von Schüler*innen, die in einer ande­ren Geschlechts­rol­le als der bis­he­ri­gen auf­tre­ten und aner­kannt wer­den möch­ten, ins­be­son­de­re in Bezug auf die münd­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­on, schu­li­sche Doku­men­te, Zeug­nis­se und wei­te­ren Urkun­den, die Nut­zung geschlechts­spe­zi­fi­scher Umklei­de- und Sani­tär­räu­me, die Teil­nah­me an geschlechts­spe­zi­fi­schen Bil­dungs­an­ge­bo­ten und die Teil­nah­me an außer­schu­li­schen Ange­bo­ten regeln.“

FHM: Nun hat der Bun­des­tag ja lei­der am 12. April das von uns Frau­en seit Jah­ren bekämpf­te #Selbst­bestimmungs­gesetz ver­ab­schie­det, das zum 1. Novem­ber 2024 in Kraft tritt. Dann kön­nen schon Jugend­li­che ab 14 Jah­ren ent­schei­den, den Namen und Geschlechts­ein­trag zu wech­seln. Das macht es schwie­rig für Lehr­kräf­te, sich der Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie zu wider­set­zen und einer Schü­le­rin zu ver­wei­gern, sie als Schü­ler anzu­spre­chen, oder?

Susan­ne: Wenn jetzt ver­pflich­tend Richt­li­ni­en ein­ge­führt wer­den, die vor­schrei­ben, dass eine Schü­le­rin, die sich als „trans“ iden­ti­fi­ziert, mit einem selbst­ge­wähl­ten Vor­na­men und als Jun­ge ange­spro­chen wird, dann wird es schwie­rig. Was man machen kann, wenn es zu Dif­fe­ren­zen kommt: Man könn­te sich auf das Grund­ge­setz beru­fen, Arti­kel 3, Satz 3:

Nie­mand darf wegen sei­nes Geschlech­tes, sei­ner Abstam­mung, sei­ner Ras­se, sei­ner Spra­che, sei­ner Hei­mat und Her­kunft, sei­nes Glau­bens, sei­ner reli­giö­sen oder poli­ti­schen Anschau­un­gen benach­tei­ligt oder bevor­zugt wer­den.

Wenn man sich dann dar­auf beruft, dass die eige­ne poli­ti­sche oder reli­giö­se Welt­an­schau­ung einem nicht erlaubt, zu akzep­tie­ren, dass Mäd­chen qua „Geschlechts­iden­ti­tät“ Jun­gen sein kön­nen, bzw. dass es bes­ser sein soll, Mäd­chen als Jun­gen zu behan­deln – Selbst­bestimmungs­gesetz hin oder her, könn­te man Erfolg haben – aber das muss man im Not­fall ein­kla­gen. In Groß­bri­tan­ni­en hat sich eine Wis­sen­schaft­le­rin die­se Glau­bens­frei­heit erklagt: Sie hat­te ihren Job ver­lo­ren, weil sie gesagt hat­te, dass das bio­lo­gi­sche Geschlecht real sei.

FHM: Du hast die Glau­bens­frei­heit genannt. Wel­che Argu­men­te kön­nen Lehr­kräf­te sonst noch anfüh­ren? Stich­wort „Tran­si­ti­on“

Susan­ne: Wenn das Kind schon auf­grund einer wie auch immer gear­te­ten Iden­ti­tät sei­nen Namen und Geschlechts­ein­trag geän­dert hat, ist es schwie­rig. Bes­ser ist, man lässt es gar nicht so weit kom­men: Wenn es irgend­wie mög­lich ist, soll­te man sich dafür ein­set­zen, dass es an der Schu­le ein Kon­zept gibt, wie man mit Schü­le­rin­nen und Schü­lern umgeht, die sich als „trans“ iden­ti­fi­zie­ren, genau­so wie es – hof­fent­lich! – auch ein Kon­zept bei Mob­bing­fäl­len gibt.

Jede Lehr­kraft soll­te wis­sen, wie an der Schu­le damit umge­gan­gen wer­den soll, wenn z.B. Schü­ler mit­ten im Unter­richt wün­schen, ab jetzt mit einem ande­ren Namen ange­spro­chen wer­den will, und dass ande­re Pro­no­men ver­wen­det wer­den sol­len. Wenn es einem wich­tig ist, kann man ver­su­chen, an die­sem Kon­zept mit­zu­wir­ken, und – so weit es nicht ver­pflich­tend anders gere­gelt ist – den ande­ren Betei­lig­ten klar­zu­ma­chen, dass eine sol­che „sozia­le Tran­si­ti­on“ kei­ne neu­tra­le Akti­on ist, son­dern eine schwer­wie­gen­de psy­cho­so­zia­le Inter­ven­ti­on, für die Leh­rer nicht ohne wei­te­res qua­li­fi­ziert sind – und dass vie­le Schul­psy­cho­lo­gen emp­feh­len, einen sol­chen „All­tags­test“ höchs­tens dann zu erlau­ben, wenn sowohl ein fach­ärzt­li­ches Zeug­nis von einem Kin­der- und Jugend­psych­ia­ter vor­liegt, als auch eines von einem Endo­kri­no­lo­gen, letz­te­res, um Klar­heit dar­über zu haben, ob es sich evtl. um ein Kind mit DSD han­delt, also einer Ent­wick­lungs­stö­rung. Einem sol­chen Kind muss man zuge­ste­hen, so behan­delt zu wer­den, wie es sich selbst emp­fin­det – aber das ist ja eine ganz ande­re Sache als „trans“ bzw. als eine „Gen­der­iden­ti­tät“.

Und selbst­ver­ständ­lich soll­ten die Eltern Bescheid wis­sen und ein­ver­stan­den sein. Auch ist es wich­tig, dass allen, die über ein sol­ches Kon­zept ent­schei­den, bewusst ist, dass je nach Stu­die 80 bis 95% der Jugend­li­chen sich nach der Puber­tät mit ihrem bio­lo­gi­schen Geschlecht aus­söh­nen – eine frü­he „sozia­le Tran­si­ti­on“ kann das ver­hin­dern.      

FHM: Ganz kon­kret: Eine dei­ner Schü­le­rin­nen, nen­nen wir sie Lena, bezeich­net sich plötz­lich als Jun­ge und ver­langt, ab sofort mit ihrem neu erdach­ten Jun­gen­na­men Lars ange­spro­chen zu wer­den. Die Trans­lob­by­or­ga­ni­sa­tio­nen raten natür­lich, dem Wunsch des Kin­des zu ent­spre­chen. Du wür­dest dich wei­gern? Oder wie wür­dest du mit der Situa­ti­on umge­hen?

Susan­ne: Also, wenn das vom Bun­des­land und von der Schul­lei­tung oder im Schul­kon­zept nicht ein­deu­tig und ver­pflich­tend gere­gelt ist, wür­de ich nicht sofort dem Wunsch nach­kom­men – wenn ich nicht selbst fest an die Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie glau­be.

Ich habe ja gera­de schon gesagt, dass Schul­psy­cho­lo­gen wohl­be­grün­det emp­feh­len, eine sol­che „sozia­le Tran­si­ti­on“ nicht ohne jeg­li­che Vor­aus­set­zung auf Wunsch zu ermög­li­chen.

Man soll­te als Lehr­kraft auf jeden Fall vor­be­rei­tet sein und sich eine mög­li­che, respekt­vol­le Ant­wort auf das Anlie­gen über­le­gen. Man soll­te der aktu­el­len Situa­ti­on gerecht wer­den und idea­ler­wei­se sou­ve­rän reagie­ren, wenn ein Kind sich direkt im Unter­richt äußert, vor allen ande­ren Schü­le­rin­nen und Schü­lern.

Man kann zum Bei­spiel sagen, dass man sich nicht für eine sol­che Maß­nah­me qua­li­fi­ziert und kom­pe­tent fühlt und das erst ein­mal bespre­chen möch­te, mit der Schul­lei­tung, oder der Schul­psy­cho­lo­gie – oder den Eltern. Oder man kann sagen, dass es die eige­ne Welt­an­schau­ung nicht zulässt, so zu han­deln, als ob ein Mäd­chen ein Jun­ge sein könn­te.

Man soll­te in jedem Fal­le respekt­voll sein: Viel­leicht kann man zusa­gen, dann ein­fach gar kei­ne Pro­no­men zu ver­wen­den. Und sich bereit erklä­ren, z.B. einen ers­ten oder zwei­ten Vor­na­men so zu ver­wen­den, dass er geschlechts­neu­tral klingt: zur Not z.B. „Leo“, wenn das Mäd­chen Leo­nie heißt. Wich­tig ist, dass die Bezie­hung zur Schü­le­rin nicht kom­plett abreißt – aber auch, dass man sich selbst treu bleibt.

FHM: Wozu ist die Lehr­kraft recht­lich ver­pflich­tet im Umgang mit einem neu gewähl­ten Geschlechts­ein­trag? Bei­spiels­wei­se im Sport?

Susan­ne:  Ich bin jetzt kei­ne Juris­tin oder Exper­tin im Schul­recht. Aber so viel kann ich, den­ke ich, schon sagen: Wenn es im jewei­li­gen Bun­des­land nicht expli­zit anders gere­gelt ist, sind Lehr­kräf­te nicht ver­pflich­tet, neue „selbst­ge­wähl­te“ Namen zu ver­wen­den – oder Jungs plötz­lich wie Mäd­chen anzu­spre­chen. Das gilt ins­be­son­de­re für Noten, die für Mäd­chen und Jun­gen unter­schied­lich ver­ge­ben wer­den: Ein Jun­ge, der sich als „trans“ erklärt, kann im Sport nicht plötz­lich wie ein Mäd­chen beno­tet wer­den.

Aber man muss ja auch die Situa­ti­on der ande­ren Schü­le­rin­nen und Schü­ler in den Blick neh­men: Sie dür­fen nicht ein­fach „über­wäl­tigt“ wer­den.

Was bedeu­tet die Aus­sa­ge, man dür­fe die ande­ren Schü­le­rin­nen und Schü­ler nicht „über­wäl­ti­gen“?

Man hat sich in den 70ger Jah­ren des letz­ten Jahr­hun­derts auf den soge­nann­ten „Beu­tels­ba­cher Kon­sens“ geei­nigt, der als fach­lich aner­kann­te Grund­la­ge für die poli­ti­sche Bil­dung auch an Schu­len gilt, obwohl er streng­ge­nom­men nicht rechts­ver­bind­lich ist. Ich zitie­re ein­mal kurz die drei zen­tra­len didak­ti­schen Leit­ge­dan­ken aus dem Ein­trag der Bun­des­zen­tra­le für poli­ti­sche Bil­dung hier­zu:

„I. Über­wäl­ti­gungs­ver­bot.
Es ist nicht erlaubt, den Schü­ler – mit wel­chen Mit­teln auch immer – im Sin­ne erwünsch­ter Mei­nun­gen zu über­rum­peln und damit an der „Gewin­nung eines selb­stän­di­gen Urteils“ zu hin­dern. Hier genau ver­läuft näm­lich die Gren­ze zwi­schen Poli­ti­scher Bil­dung und Indok­tri­na­ti­on. Indok­tri­na­ti­on aber ist unver­ein­bar mit der Rol­le des Leh­rers in einer demo­kra­ti­schen Gesell­schaft und der – rund­um akzep­tier­ten – Ziel­vor­stel­lung von der Mün­dig­keit des Schü­lers.

2. Was in Wis­sen­schaft und Poli­tik kon­tro­vers ist, muss auch im Unter­richt kon­tro­vers erschei­nen.
Die­se For­de­rung ist mit der vor­ge­nann­ten aufs engs­te ver­knüpft, denn wenn unter­schied­li­che Stand­punk­te unter den Tisch fal­len, Optio­nen unter­schla­gen wer­den oder Alter­na­ti­ven uner­ör­tert blei­ben, ist der Weg zur Indok­tri­na­ti­on beschrit­ten. Zu fra­gen ist, ob der Leh­rer nicht sogar eine Kor­rek­tur­funk­ti­on haben soll­te, d. h. ob er nicht sol­che Stand­punk­te und Alter­na­ti­ven beson­ders her­aus­ar­bei­ten muss, die den Schü­lern (und ande­ren Teil­neh­mern poli­ti­scher Bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen) von ihrer jewei­li­gen poli­ti­schen und sozia­len Her­kunft her fremd sind.
[…]
3. Der Schü­ler muss in die Lage ver­setzt wer­den, eine poli­ti­sche Situa­ti­on und sei­ne eige­ne Inter­es­sen­la­ge zu ana­ly­sie­ren,
sowie nach Mit­teln und Wegen zu suchen, die vor­ge­fun­de­ne poli­ti­sche Lage im Sin­ne sei­ner Inter­es­sen zu beein­flus­sen.“   

Wir haben ja vor­hin bespro­chen, dass die Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie kei­ne wis­sen­schaft­lich bestä­tig­te Theo­rie ist, sie ist eher eine Mei­nung, eine Welt­an­schau­ung, eine poli­ti­sche Über­zeu­gung – also darf man Schü­ler, die nicht an sie glau­ben, damit auch nicht indok­tri­nie­ren. Leh­rer müs­sen in der Schu­le viel­mehr zei­gen, dass sie in der Gesell­schaft kon­tro­vers dis­ku­tiert wird – und wir müs­sen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler in die Lage ver­set­zen, sich eine eige­ne Mei­nung zu bil­den.

FHM: Kom­mu­ni­ka­ti­on mit den Eltern: Wie soll­te die Lehr­kraft ihre Hal­tung und Vor­ge­hens­wei­se den Schü­ler­el­tern kom­mu­ni­zie­ren?

Susan­ne: Ins­be­son­de­re, was die Sexu­al­erzie­hung anbe­langt, ist ja in den meis­ten Bun­des­län­dern  eine enge Zusam­men­ar­beit zwi­schen Schu­le und Eltern­haus vor­ge­se­hen. Nie­der­sach­sen hat­ten wir ja gera­de schon, auch in den Ham­bur­ger Bil­dungs­plä­nen heißt es:  Schu­li­sche Sexu­al­erzie­hung knüpft an die Sexu­al­erzie­hung des Eltern­hau­ses und der Grund­schu­le an und ergänzt die­se. Im Sin­ne einer ver­trau­ens­vol­len Zusam­men­ar­beit wird den Eltern die Gele­gen­heit gege­ben, ihre Erfah­run­gen und Vor­stel­lun­gen in die schu­li­sche Arbeit ein­zu­brin­gen.

Ich kann mir jetzt vor­stel­len, dass die Eltern über­wie­gend eher kri­tisch gegen­über der Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie sind und eher nicht dafür, den Kin­dern bei­zu­brin­gen, dass sie evtl. „im fal­schen Kör­per ste­cken“. Aber das muss man im Ein­zel­fall sehen, ob in der Klas­se nun ein Kind ist, dass sich als „trans“ iden­ti­fi­ziert und des­sen Eltern gro­ße Ver­fech­ter der Theo­rie sind – oder eben nicht.

Ich den­ke, man kann sei­ne per­sön­li­che Hal­tung, wenn irgend mög­lich, klar und respekt­voll kom­mu­ni­zie­ren. Idea­ler­wei­se nimmt man sich zum Klas­sen­el­tern­abend noch eine ande­re Lehr­kraft zur Unter­stüt­zung mit. Aber klar ist: Als Lehr­kraft muss man sich an die gel­ten­den Rege­lun­gen im Bun­des­land hal­ten.

Eva: Hat ein Kind, das sich als „trans“ defi­niert, Anspruch dar­auf, sich Doku­men­te ent­spre­chend sei­ner neu­en Iden­ti­tät aus­stel­len zu las­sen?

Susan­ne: Wie gesagt, ich bin kei­ne Juris­tin, aber ich den­ke, all­ge­mein kann man sagen: Wenn es kei­ne strikt anders­lau­ten­de Rege­lung im Bun­des­land gibt – und das könn­te mög­li­cher­wei­se in Ber­lin dem­nächst so sein, wenn die Behör­den geprüft haben, gilt:

  • Ohne eine recht­li­che Namens­än­de­rung nach dem TSG hat kein Schü­ler und kei­ne Schü­le­rin Anrecht dar­auf, mit einem neu­ge­wähl­ten, meist gegen­ge­schlecht­li­chen Namen ange­spro­chen zu wer­den. Leh­rer dür­fen es ent­spre­chend anre­den, wenn das den Rege­lun­gen ent­spricht, dem inter­nen Schul­kon­zept und der Wei­sung der Schul­lei­tung – aber sie müs­sen nicht, sofern es nicht bin­dend in den Rege­lun­gen fest­ge­legt ist, im Schul­kon­zept oder der Wei­sung der Schul­lei­tung.
  • Schu­le und Leh­rer müs­sen kei­ne schrift­li­chen Unter­la­gen und Zeug­nis­se gemäß des Wunsch­ge­schlechts aus­stel­len oder gar rück­wir­kend ändern – es sei denn, die Ände­rung von Namens- und Geschlechts­ein­trag wur­den – lt. momen­ta­ner Rechts­la­ge gemäß TSG – gericht­lich bestä­tigt. Es gibt im Moment Ver­su­che, Schu­len dazu zu brin­gen, Zeug­nis­se in dop­pel­ter Aus­füh­rung aus­zu­ge­ben: Ein­mal mit dem gesetz­lich gül­ti­gen, ein­mal mit dem „Wunsch­na­men“. Sofern das nicht genau so gere­gelt ist im jewei­li­gen Bun­des­land, ist das kei­ne gute Idee: So kön­nen Schü­le­rIn­nen und Schü­ler evtl. ihre Eltern täu­schen, die dann vllt. gar nicht mit­be­kom­men, dass ihr Kind in der Schu­le als „trans“ auf­tritt.
  • Vor­ge­schrie­ben ist der gesetz­li­che Name in jedem Fall, wenn der Jugend­li­che als Zeugin/Zeuge vor Gericht auf­tritt (Wahr­heits­pflicht §§ 153 ff Straf­ge­setz­buch – StGB). Außer­dem gemäß § 111 Ord­nungs­wid­rig­kei­ten­ge­setz zur Iden­ti­täts­fest­stel­lung durch eine Behör­de.

Eva: Was hältst du von Unis­ex­toi­let­ten? Sind dann alle Pro­ble­me gelöst, weil sie ja von allen benutzt wer­den kön­nen, wie die Anhän­ger der Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie behaup­ten?

Susan­ne: Die Auf­he­bung der Schutz­räu­me für Schü­le­rin­nen– die soge­nann­te Toi­let­te für alle – ent­facht vie­le Dis­kus­sio­nen in der Schul­kon­fe­renz bzw. im Schul­fo­rum (da gibt es je nach Bun­des­land unter­schied­li­che Bezeich­nun­gen). Nach §3 Abs. 1 Arbeits­stät­ten­ver­ord­nung, Anhang Punkt 4 gilt: „Umkleide‑, Wasch- und Toi­let­ten­räu­me sind für Män­ner und Frau­en getrennt ein­zu­rich­ten oder es ist eine getrenn­te Nut­zung zu ermög­li­chen.“ Auch in der CEDAW, der in Deutsch­land ver­bind­li­chen Frau­en­rechts­kon­ven­ti­on, steht es nahe­zu gleich­lau­tend.

Aller­dings ent­schlie­ßen sich immer mehr Schu­len, die sog „Toi­let­te für alle“ ein­zu­rich­ten – mit allen vor­her­seh­ba­ren nega­ti­ven Fol­gen beson­ders für Mäd­chen.

Sei­tens der Sach­auf­wands­trä­ger wer­den inzwi­schen Argu­men­te für die Uni­sex-Toi­let­te gel­tend gemacht, denn in vie­len Schul­ge­bäu­den ist die Toi­let­ten­si­tua­ti­on für Schü­le­rin­nen und Schü­ler all­ge­mein unbe­frie­di­gend: Lan­ge War­te­zei­ten vor Mäd­chen­toi­let­ten kön­nen ver­mie­den wer­den, wenn alle vor­han­de­nen Toi­let­ten­an­la­gen auch von allen genutzt wer­den dür­fen. Es geht in vie­len Fäl­len nicht in ers­ter Linie um einen geschlech­ter­po­li­ti­schen Vor­stoß, son­dern um den Ver­such, begrenz­te räum­li­che Kapa­zi­tä­ten effek­tiv zu nut­zen. Hier kommt die Selbst­be­stim­mungs­de­bat­te für die Sach­auf­wands­trä­ger eher zu einem güns­ti­gen Moment.

Den­noch gibt es gewich­ti­ge Argu­men­te gegen Uni­sex-Toi­let­ten an Schu­len, die nicht auf dem Behar­ren auf einer ver­meint­lich über­kom­me­nen Geschlech­ter­se­gre­ga­ti­on fußen: Es stellt sich die Fra­ge, ob es wirk­lich dem Inter­es­se aller ent­spricht, die glei­che Toi­let­te zu benut­zen. So gab es an man­chen Schu­len Beschwer­den über die man­geln­de Sau­ber­keit der Uni­sex-Toi­let­ten, für die männ­li­che Schü­ler ver­ant­wort­lich gewe­sen sein sol­len. Ein wei­te­res Argu­ment gegen Uni­sex-Toi­let­ten an Schu­len ist die Funk­ti­on der Mäd­chen-Toi­let­te als Schutz- und Rück­zugs­raum, der dann ver­lo­ren gin­ge. Aus Eng­land wird z.B. berich­tet[i], dass Mäd­chen weni­ger trin­ken, um den Toi­let­ten­gang zu mei­den und sich wäh­rend ihrer Mens­trua­ti­on häu­fi­ger krank­mel­den, da sie sich in gemischt­ge­schlecht­li­chen Sani­tär­räu­men nicht mehr wohl und geschützt füh­len. Außer­dem gibt es Bele­ge, auch aus Eng­land mei­ne ich, dass es in gemischt­ge­schlecht­li­chen Sani­tär­räu­men und Umklei­den mehr Über­grif­fe gibt.

 Eva: Kön­nen Eltern von Mäd­chen und Mäd­chen for­dern, in ihrer Schu­le getrennt­ge­schlecht­li­che Toi­let­ten vor­zu­hal­ten?

Susan­ne: Ich den­ke, sie soll­ten es in jedem Fal­le tun, wenn die Mäd­chen ihre eige­nen Toi­let­ten behal­ten möch­ten – schließ­lich ent­spricht das gel­ten­dem inter­na­tio­na­len Recht. Es kommt vor, dass vor­ran­gig die Mäd­chen­toi­let­ten zu Unis­ex­toi­let­ten umge­wid­met wer­den, weil es da ja schon Ein­zel­ka­bi­nen gibt. Wenn es dann dazu kommt, dass Mäd­chen zu den rei­nen Mäd­chen­toi­let­ten viel wei­ter lau­fen müs­sen bzw. es weni­ger rei­ne Mäd­chen­toi­let­ten gibt, wird das schnell sehr unge­recht.   

Eva: Stich­wort Klas­sen­fahrt gemisch­ge­schlecht­li­che Unter­brin­gung: Lob­by­or­ga­ni­sa­tio­nen der Trans­gen­der­lob­by ver­su­chen Lehr­kräf­ten Angst ein­zu­ja­gen, dass sie Jungs, die sich als Mäd­chen defi­nie­ren, nicht mehr bei den Jungs unter­brin­gen dür­fen, weil sie sich dann straf­bar machen. Wie siehst du das? Und wie kön­nen Lehr­kräf­te ihrer Auf­sichts­pflicht genü­gen, ohne sich der Gen­der­theo­rie zu unter­wer­fen?

Susan­ne: In der Tat beru­fen sich die Orga­ni­sa­tio­nen auf §9 (3) SGB VIII, wonach es gilt, „die unter­schied­li­chen Lebens­la­gen von Mäd­chen, Jun­gen sowie tran­si­den­ten, nicht­bi­nä­ren und inter­ge­schlecht­li­chen jun­gen Men­schen zu berück­sich­ti­gen, Benach­tei­li­gun­gen abzu­bau­en und die Gleich­be­rech­ti­gung der Geschlech­ter zu för­dern“.

Aber so extrem, wie Du es schil­derst, habe ich das jetzt noch nicht gese­hen – ich ken­ne es eher so: Man ver­sucht, Leh­rern zu ver­mit­teln, dass sie Schü­ler ruhig  gemischt­ge­schlecht­lich unter­brin­gen dür­fen, also dass sie Jun­gen, die sich als „trans“ iden­ti­fi­zie­ren, also als Mäd­chen, pro­blem­los mit Mäd­chen im sel­ben Schlaf­saal unter­brin­gen dürf­ten. In einer Bro­schü­re steht z.B. Fol­gen­des: „Das Gesetz sieht in §180 StGB vor, dass sich eine Per­son u.a. straf­bar macht, wenn die­se einer sexu­el­len Hand­lung an einer Per­son unter 16 Jah­ren „durch das Gewäh­ren oder Ver­schaf­fen von Gele­gen­hei­ten Vor­schub leis­tet“. Mit dem Sexu­al­straf­recht gehen soge­nann­te Alters­schutz­gren­zen ein­her. Grup­pen­lei­tun­gen haben dafür Sor­ge zu tra­gen, dass unter 14-Jäh­ri­ge gene­rell kei­nen sexu­el­len Kon­takt haben, auch nicht mit ihrem Ein­ver­ständ­nis und auch wenn die ande­re Per­son eben­falls unter 14 Jah­re alt ist. Bei unter 16-Jäh­ri­gen dür­fen Grup­pen­lei­tun­gen sexu­el­le Hand­lun­gen nicht durch das im Zitat genann­te  „Vor­schub­leis­ten“ beför­dern. Damit wird klar, dass eine mög­li­che Straf­bar­keit nach §180 über­haupt erst in Fra­ge kommt, wenn es sich um Teil­neh­men­de han­delt, die unter 16 Jah­re alt sind.

Und dann wird lang und breit erklärt, dass es ja nicht nur zwi­schen Mäd­chen und Jungs zu sexu­el­len Hand­lun­gen kom­men kön­ne, son­dern auch zwi­schen Mäd­chen, und zwi­schen Jungs, und zwi­schen „nicht­bi­nä­ren“ Jugend­li­chen – und dass des­halb die gemein­sa­me Unter­brin­gung in kei­nem Fal­le als ein „Vor­schub­leis­ten“ gel­ten kön­ne, also als straf­ba­res „Ver­schaf­fen von Gele­gen­hei­ten“.

Wir kön­nen das hier schon abkür­zen: Schul­lei­tun­gen und Lehr­kräf­te sind sich, den­ke ich, sehr einig dar­über, dass es ent­schei­dend ist, nicht zwei Jugend­li­che gemein­sam über­nach­ten zu las­sen, deren sexu­el­le Hand­lun­gen mit­ein­an­der zu einer Schwan­ger­schaft füh­ren kön­nen.

Die Fra­gen stell­te Eva Engel­ken


[i] https://www.dailymail.co.uk/news/article-7542005/Girls-skipping-school-avoid-sharing-gender-neutral-toilets-boys.html

4 Fra­gen für Brea­kout-Rooms

  1. Wel­che Erfah­run­gen haben Sie an Ihrer Schu­le mit Kin­dern gesam­melt, die sich einem ande­ren Geschlecht zuord­nen?
  2. Wie beur­tei­len Sie das Schul­ma­te­ri­al im Hin­blick auf etwa­ige Ein­flüs­se der Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie?
  3. Sta­tis­tisch sind Mäd­chen bei den Tran­si­ti­ons­wün­schen über­re­prä­sen­tiert. Wor­an könn­te das lie­gen – und wie könn­te man gegen­steu­ern?
  4. Wie könn­te ein Kon­zept an einer Schu­le zum Umgang mit Jugend­li­chen, die sich als „trans“ iden­ti­fi­zie­ren, aus­se­hen?

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