Dokumentation der Veranstaltung des Kompetenznetzwerks am 25.4.24

„Wenn sich Lena plötzlich Lars nennt“: Interview mit Susanne

von | 26.04.24

Foto von Alexander Grey auf Unsplash

Foto von Alexander Grey auf Unsplash

Am 21.3.2024 refe­rier­te Leh­re­rin Susan­ne im Kom­pe­tenz­netz­werk der Frau­en­hel­din­nen zum The­ma: „Wenn Lena plötz­lich Lars sein will. Umgang mit Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie im Klas­sen­zim­mer“. Hier doku­men­tie­ren wir die Fra­gen, die sie beant­wor­tet hat.

Fragen und Antworten im Gespräch mit Susanne

FrauenheldinnenMagazin (FHM): Liebe Susanne, als Lehrerin für Latein, Griechisch und Philosophie liegt die freie Rede gewissermaßen auch deiner Berufsentscheidung zugrunde. Siehst du sie durch die Genderidentitätstheorie bedroht?

Susan­ne: Ich las­se mir nicht so leicht das Spre­chen – und erst recht nicht das Den­ken – ver­bie­ten, von daher füh­le ich mich per­sön­lich hier gar nicht so betrof­fen und hof­fe, das bleibt so. Aber da ich ja stän­dig mit Spra­che arbei­te, fal­len mir die engen Sprach­re­ge­lun­gen, die die Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie ver­langt, immer wie­der auf.

In einem Inter­net­for­mat des öffent­lich-recht­li­chen Jugend­funks, der Serie „Druck“ bin ich zum ers­ten Mal mit die­ser Theo­rie in Kon­takt gekom­men. Es ging um ein Mäd­chen, das sich als „trans“ iden­ti­fi­zier­te – und das von den ande­ren Seri­en­cha­rak­te­ren beharr­lich als „er“ bezeich­net wur­de. Es war ver­pönt, von ihr als dem Mäd­chen zu spre­chen, das sie war.

Ein wei­te­res Bei­spiel: Mei­ne Toch­ter hat­te eine Mit­schü­le­rin, die sich als „trans“ iden­ti­fi­zier­te. Und sie ermahn­te uns, beein­flusst vom herr­schen­den Zeit­geist, zu Hau­se immer wie­der dazu, von „ihm“ zu spre­chen, und nicht mehr ihren ech­ten Namen zu ver­wen­den, denn das sei respekt­los und kön­ne ein Trau­ma ver­ur­sa­chen.

Das kam mir schon son­der­bar vor, als ich mich noch gar nicht mit der Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie beschäf­tigt hat­te. Außer­dem war die Rück­sicht­nah­me wider­sin­nig: Das Kind war ja gar nicht anwe­send.

Spä­ter habe ich dann die Dog­men der Theo­rie bewusst wahr­ge­nom­men: Der ech­te Name ist bei den Anhän­gern der Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie der „Dead­na­me“ und darf nicht mehr aus­ge­spro­chen wer­den.

FHM: Bekannt ist der Satz „Transfrauen sind Frauen“. Was steckt dahinter?

Susan­ne: Als Ethik­leh­re­rin fal­len mir bei dem Satz Ähn­lich­kei­ten zu Reli­gio­nen, ins­be­son­de­re zu archai­schen Reli­gio­nen auf. Es gibt Tabus wie den „Dead­na­me“, der nicht genannt wer­den darf. Und es gibt Dog­men, also Glau­bens­wahr­hei­ten, die man nicht hin­ter­fra­gen darf, son­dern akzep­tie­ren muss, wie eben „Trans­frau­en sind Frau­en“.

Hier kann man auch gut die archai­sche Vor­stel­lung fin­den, dass Spra­che Rea­li­tät schafft. Das bekann­tes­te Bei­spiel ken­nen wir aus der bibli­schen Schöp­fungs­ge­schich­te, der Gene­sis: „Gott sprach: Es wer­de Licht. Und es wur­de Licht. Und Gott nann­te das Licht Tag und die Fins­ter­nis nann­te er Nacht.“

Dadurch, dass Gott etwas sagt, wird es Rea­li­tät. Ana­log wird aus einem Mann, der sich als trans iden­ti­fi­ziert, erst eine „Trans­frau“, dann eine Frau – ein­fach, weil er es sagt.

Ist die Parallele zwischen dem Sprechakt in der christlichen Schöpfungsgeschichte und dem woken „selbstbestimmen Geschlechtseintrag“ Zufall oder gibt es noch mehr Parallelen?

Susan­ne: Ein wei­te­res Bei­spiel ist die Trans­sub­stan­tia­ti­ons­leh­re im Katho­li­zis­mus. Trans­sub­stan­tia­ti­on heißt Wesens­ver­wand­lung: In der hei­li­gen Mes­se beim Abend­mahl wan­deln sich Brot und Wein in Leib und Blut Chris­ti – wenn der Pries­ter die „Wand­lungs­wor­te“ Chris­ti wie­der­holt: „Das ist mein Leib, der für euch hin­ge­ge­ben wird“ aus dem Lukas-Evan­ge­li­um.

Wohl­ge­merkt: Das Brot sieht wei­ter­hin aus wie Brot, nur sei­ne „ech­te“ Sub­stanz, das, was es „wirk­lich“ ist, ist nun der Leib Jesu Chris­ti. Ganz ähn­lich wie bei bekann­ten „Trans­frau­en“: Sie sehen mehr oder weni­ger genau so aus wie vor­her – aber es wird fest geglaubt, sie sei­en jetzt Frau­en.

Es wird mitt­ler­wei­le gar nicht mehr der Anspruch erho­ben, eine „Tran­si­den­ti­tät“ sei irgend­wie objek­tiv nach­weis­bar. Auch im Chris­ten­tum sind die „Got­tes­be­wei­se“ aus der Mode gekom­men, was zählt, ist allein die rein sub­jek­ti­ve Emp­fin­dung, der sub­jek­tiv emp­fun­de­ne Glau­be.

Die offi­zi­el­le Defi­ni­ti­on der „Gen­der­iden­ti­tät“, die Ver­fech­ter der Theo­rie auf der sogen. Yog­ya­kar­ta-Kon­fe­renz fest­ge­legt haben, lau­tet: „das tief emp­fun­de­ne inne­re und per­sön­li­che Gefühl der Zuge­hö­rig­keit zu einem Geschlecht“. Bei­des, die Exis­tenz eines Got­tes und eine Gen­der­iden­ti­tät, kann man nur per­sön­lich sub­jek­tiv emp­fin­den und dar­an glau­ben.

Und noch eine Gemein­sam­keit mit der Reli­gi­on gefäl­lig? Es gibt „Abge­fal­le­ne“, also Men­schen, die vom Glau­ben abfal­len und dafür bestraft wer­den. Das sind die Detran­si­tio­nie­rer, also die­je­ni­gen, die ihre „Tran­si­ti­on“ rück­gän­gig machen und denen man vor­wirft, sie sei­en Ver­rä­ter und nie wirk­lich „trans“ gewe­sen.

FHM: Die Theorie von den Genderidentitäten drängt zunehmend in die Schulen. LehrerInnen nutzen Materialien, die davon durchdrungen sind und das Geschlecht als Spektrum betrachten, das nur jeder Mensch selbst empfinden könne. Was ist, wenn man das ablehnt und dies im Unterricht auch artikulieren möchte? Muss man diese Materialien benutzen?

Susan­ne: Was den Unter­richt angeht, ist es so, dass man als Leh­re­rin ver­pflich­tend das unter­rich­ten muss, was im Lehr­plan des jewei­li­gen Bun­des­lan­des steht. Außer­dem gibt es meis­tens noch ver­bind­li­che Richt­li­ni­en zur Sexu­al­erzie­hung. An die muss man sich ver­pflich­tend hal­ten. Das ist jetzt natür­lich von Bun­des­land zu Bun­des­land ver­schie­den. Aber man ist weder ver­pflich­tet, mit irgend­wel­chen spe­zi­fi­schen Mate­ria­li­en zu unter­rich­ten, noch mit einem bestimm­ten Kapi­tel in einem Buch. Man kann auch sein eige­nes Mate­ri­al erstel­len, Haupt­sa­che, man hält sich an den Lehr­plan bzw. die Richt­li­ni­en.

FHM: Was geben die unterschiedlichen Bundesländer denn vor in Sachen Genderidentitätstheorie?

Susan­ne: Es gibt wich­ti­ge Unter­schie­de: Im hes­si­schen Lehr­plan Sexu­al­erzie­hung sind z.B. „unter­schied­li­che sexu­el­le Ori­en­tie­run­gen und geschlecht­li­che Iden­ti­tä­ten (Hetero‑, Bi‑, Homo- und Trans­se­xua­li­tät) ver­bind­li­che The­men.

In Bay­ern heißt es wie­der­um in den „Richt­li­ni­en für die Fami­li­en- und Sexu­al­erzie­hung“:

„Schü­le­rin­nen und Schü­ler […] schlüs­seln die Viel­falt der unter dem Geschlechts­be­griff sub­su­mier­ten Aspek­te auf: bio­lo­gi­sches Geschlecht, selbst emp­fun­de­ne Geschlechts­iden­ti­tät und Rol­len­ver­ständ­nis […]“; ach­ten die eige­ne sexu­el­le Ori­en­tie­rung und die sexu­el­le Ori­en­tie­rung ande­rer (Hetero‑, Homo‑, Bise­xua­li­tät); ach­ten und wis­sen um Trans- und Inter­se­xua­li­tät.“

Es ist hier nicht genau defi­niert, was Trans­se­xua­li­tät ist.

Das heißt: In Bay­ern ist nicht vor­ge­schrie­ben, dass man Trans­se­xua­li­tät als „Iden­ti­tät“ unter­rich­tet, in Hes­sen aber schon.

FHM: Haben die Eltern auch ein Wörtchen mitzureden, wenn die Gefahr besteht, dass ihre Kinder mit einer glaubensartigen Doktrin wie der Genderidentitätstheorie beschallt werden?

Susan­ne: Teil­wei­se ja. In Nie­der­sach­sen heißt es in § 96 des Schul­ge­set­zes:

„Die Lehr­kräf­te haben Inhalt, Pla­nung und Gestal­tung des Unter­richts mit den Klas­sen­el­tern­schaf­ten zu erör­tern. Dies gilt vor allem für Unter­richts­fä­cher, durch die das Erzie­hungs­recht der Eltern in beson­de­rer Wei­se berührt wird. Die Erzie­hungs­be­rech­tig­ten sind ins­be­son­de­re über Ziel, Inhalt und Gestal­tung der Sexu­al­erzie­hung recht­zei­tig zu unter­rich­ten, damit die Erzie­hung im Eltern­haus und die Erzie­hung in der Schu­le sich so weit wie mög­lich ergän­zen.“ Wei­ter heißt es: „Dabei sind ihr Per­sön­lich­keits­recht und das Erzie­hungs­recht der Eltern zu ach­ten.“

Da muss man sich dann, so sehe ich das, auf den kleins­ten geeig­ne­ten Nen­ner eini­gen: Wenn Eltern dage­gen sind, den Kin­dern Kon­zep­te wie die Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie zu ver­mit­teln, und sie auch nicht im Lehr­plan steht (und das tut sie in Nie­der­sach­sen nicht), dann muss man sie nicht unter­rich­ten, eigent­lich darf man sie dann auch nicht unter­rich­ten.

FHM: Woher holen sich die Schulen denn ihr Wissen in Sachen Genderidentitätstheorie? Externe Beratungsstellen? Sind die qualifziert? Und wes Geistes Kind sind die?

Susan­ne: Es kom­men Orga­ni­sa­tio­nen ins Spiel, die vor­der­grün­dig  zum The­ma „Anti­dis­kri­mi­nie­rung“ oder „Viel­falt“ von außen zu Work­shops an die Schu­le geholt wer­den, bei denen es aber dann doch um The­men der Sexu­al­erzie­hung geht, wozu man die Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie ja zäh­len muss. Hier müs­sen die Schul­lei­tun­gen sehr vor­sich­tig sein und dür­fen die Aus­wahl der Orga­ni­sa­tio­nen nicht z.B. der Schul­so­zi­al­ar­beit über­las­sen. Es gibt ja Orga­ni­sa­tio­nen, die Men­schen ohne jede päd­ago­gi­sche oder psy­cho­lo­gi­sche Qua­li­fi­ka­ti­on in 10tägigen Work­shops zu Bera­tern „qua­li­fi­zie­ren“.

In Bay­ern ist die Aus­wahl von exter­nem Fort­bil­dungs­per­so­nal schon mal gut gere­gelt: Der Schul­lei­ter oder die Schul­lei­te­rin muss einen oder eine Beauf­trag­te für Fami­li­en- und Sexu­al­erzie­hung an der Schu­le ernen­nen, sie oder er „prüft alle Ange­bo­te exter­ner Anbie­ter zur Fami­li­en- und Sexu­al­erzie­hung und stellt sicher, dass jede außer­schu­li­sche Zusam­men­ar­beit im Ein­klang mit den Richt­li­ni­en für die Fami­li­en- und Sexu­al­erzie­hung geschieht.“  

FHM: Wie ist die Lage, wenn die Schulleitung explizit die Genderidentitätstheorie als fortschrittlich bezeichnet und durchklingen lässt, dass sie es als „transfeindlich“ empfände, wenn der Lehrkörper das nicht mitträgt? Was rätst du?

Susan­ne: Das ist eine schwie­ri­ge Situa­ti­on – denn Lehr­kräf­te sind natür­lich ihren Vor­ge­setz­ten, den Schul­lei­tern, gegen­über wei­sungs­ge­bun­den, das heißt, sie müs­sen tun, was die Schul­lei­tun­gen sagen. Zunächst ein­mal ist es ganz wich­tig, wie die Rege­lung im jewei­li­gen Bun­des­land lau­tet. In Ber­lin wur­de z.B. im letz­ten Herbst ein neu­er „LSBTIQ+ Akti­ons­plan“ ver­ab­schie­det, in dem es heißt:

„Die für Bil­dung zustän­di­ge Ver­wal­tung prüft die Ein­füh­rung von Richt­li­ni­en zum Umgang mit Anglei­chung und Aner­ken­nung des Geschlechts und der geschlecht­li­chen Iden­ti­tät von Schüler*innen. Die­se sol­len die Aner­ken­nung des selbst­ge­wähl­ten Vor­na­mens und der selbst­er­klär­ten Geschlechts­zu­ge­hö­rig­keit von trans, inter und nicht-binä­ren Schüler*innen bzw. von Schüler*innen, die in einer ande­ren Geschlechts­rol­le als der bis­he­ri­gen auf­tre­ten und aner­kannt wer­den möch­ten, ins­be­son­de­re in Bezug auf die münd­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­on, schu­li­sche Doku­men­te, Zeug­nis­se und wei­te­ren Urkun­den, die Nut­zung geschlechts­spe­zi­fi­scher Umklei­de- und Sani­tär­räu­me, die Teil­nah­me an geschlechts­spe­zi­fi­schen Bil­dungs­an­ge­bo­ten und die Teil­nah­me an außer­schu­li­schen Ange­bo­ten regeln.“

FHM: Nun hat der Bundestag ja leider am 12. April das von uns Frauen seit Jahren bekämpfte #Selbstbestimmungsgesetz verabschiedet, das zum 1. November 2024 in Kraft tritt. Dann können schon Jugendliche ab 14 Jahren entscheiden, den Namen und Geschlechtseintrag zu wechseln. Das macht es schwierig für Lehrkräfte, sich der Genderidentitätstheorie zu widersetzen und einer Schülerin zu verweigern, sie als Schüler anzusprechen, oder?

Susan­ne: Wenn jetzt ver­pflich­tend Richt­li­ni­en ein­ge­führt wer­den, die vor­schrei­ben, dass eine Schü­le­rin, die sich als „trans“ iden­ti­fi­ziert, mit einem selbst­ge­wähl­ten Vor­na­men und als Jun­ge ange­spro­chen wird, dann wird es schwie­rig. Was man machen kann, wenn es zu Dif­fe­ren­zen kommt: Man könn­te sich auf das Grund­ge­setz beru­fen, Arti­kel 3, Satz 3:

Nie­mand darf wegen sei­nes Geschlech­tes, sei­ner Abstam­mung, sei­ner Ras­se, sei­ner Spra­che, sei­ner Hei­mat und Her­kunft, sei­nes Glau­bens, sei­ner reli­giö­sen oder poli­ti­schen Anschau­un­gen benach­tei­ligt oder bevor­zugt wer­den.

Wenn man sich dann dar­auf beruft, dass die eige­ne poli­ti­sche oder reli­giö­se Welt­an­schau­ung einem nicht erlaubt, zu akzep­tie­ren, dass Mäd­chen qua „Geschlechts­iden­ti­tät“ Jun­gen sein kön­nen, bzw. dass es bes­ser sein soll, Mäd­chen als Jun­gen zu behan­deln – Selbst­bestimmungs­gesetz hin oder her, könn­te man Erfolg haben – aber das muss man im Not­fall ein­kla­gen. In Groß­bri­tan­ni­en hat sich eine Wis­sen­schaft­le­rin die­se Glau­bens­frei­heit erklagt: Sie hat­te ihren Job ver­lo­ren, weil sie gesagt hat­te, dass das bio­lo­gi­sche Geschlecht real sei.

FHM: Du hast die Glaubensfreiheit genannt. Welche Argumente können Lehrkräfte sonst noch anführen? Stichwort „Transition“

Susan­ne: Wenn das Kind schon auf­grund einer wie auch immer gear­te­ten Iden­ti­tät sei­nen Namen und Geschlechts­ein­trag geän­dert hat, ist es schwie­rig. Bes­ser ist, man lässt es gar nicht so weit kom­men: Wenn es irgend­wie mög­lich ist, soll­te man sich dafür ein­set­zen, dass es an der Schu­le ein Kon­zept gibt, wie man mit Schü­le­rin­nen und Schü­lern umgeht, die sich als „trans“ iden­ti­fi­zie­ren, genau­so wie es – hof­fent­lich! – auch ein Kon­zept bei Mob­bing­fäl­len gibt.

Jede Lehr­kraft soll­te wis­sen, wie an der Schu­le damit umge­gan­gen wer­den soll, wenn z.B. Schü­ler mit­ten im Unter­richt wün­schen, ab jetzt mit einem ande­ren Namen ange­spro­chen wer­den will, und dass ande­re Pro­no­men ver­wen­det wer­den sol­len. Wenn es einem wich­tig ist, kann man ver­su­chen, an die­sem Kon­zept mit­zu­wir­ken, und – so weit es nicht ver­pflich­tend anders gere­gelt ist – den ande­ren Betei­lig­ten klar­zu­ma­chen, dass eine sol­che „sozia­le Tran­si­ti­on“ kei­ne neu­tra­le Akti­on ist, son­dern eine schwer­wie­gen­de psy­cho­so­zia­le Inter­ven­ti­on, für die Leh­rer nicht ohne wei­te­res qua­li­fi­ziert sind – und dass vie­le Schul­psy­cho­lo­gen emp­feh­len, einen sol­chen „All­tags­test“ höchs­tens dann zu erlau­ben, wenn sowohl ein fach­ärzt­li­ches Zeug­nis von einem Kin­der- und Jugend­psych­ia­ter vor­liegt, als auch eines von einem Endo­kri­no­lo­gen, letz­te­res, um Klar­heit dar­über zu haben, ob es sich evtl. um ein Kind mit DSD han­delt, also einer Ent­wick­lungs­stö­rung. Einem sol­chen Kind muss man zuge­ste­hen, so behan­delt zu wer­den, wie es sich selbst emp­fin­det – aber das ist ja eine ganz ande­re Sache als „trans“ bzw. als eine „Gen­der­iden­ti­tät“.

Und selbst­ver­ständ­lich soll­ten die Eltern Bescheid wis­sen und ein­ver­stan­den sein. Auch ist es wich­tig, dass allen, die über ein sol­ches Kon­zept ent­schei­den, bewusst ist, dass je nach Stu­die 80 bis 95% der Jugend­li­chen sich nach der Puber­tät mit ihrem bio­lo­gi­schen Geschlecht aus­söh­nen – eine frü­he „sozia­le Tran­si­ti­on“ kann das ver­hin­dern.      

FHM: Ganz konkret: Eine deiner Schülerinnen, nennen wir sie Lena, bezeichnet sich plötzlich als Junge und verlangt, ab sofort mit ihrem neu erdachten Jungennamen Lars angesprochen zu werden. Die Translobbyorganisationen raten natürlich, dem Wunsch des Kindes zu entsprechen. Du würdest dich weigern? Oder wie würdest du mit der Situation umgehen?

Susan­ne: Also, wenn das vom Bun­des­land und von der Schul­lei­tung oder im Schul­kon­zept nicht ein­deu­tig und ver­pflich­tend gere­gelt ist, wür­de ich nicht sofort dem Wunsch nach­kom­men – wenn ich nicht selbst fest an die Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie glau­be.

Ich habe ja gera­de schon gesagt, dass Schul­psy­cho­lo­gen wohl­be­grün­det emp­feh­len, eine sol­che „sozia­le Tran­si­ti­on“ nicht ohne jeg­li­che Vor­aus­set­zung auf Wunsch zu ermög­li­chen.

Man soll­te als Lehr­kraft auf jeden Fall vor­be­rei­tet sein und sich eine mög­li­che, respekt­vol­le Ant­wort auf das Anlie­gen über­le­gen. Man soll­te der aktu­el­len Situa­ti­on gerecht wer­den und idea­ler­wei­se sou­ve­rän reagie­ren, wenn ein Kind sich direkt im Unter­richt äußert, vor allen ande­ren Schü­le­rin­nen und Schü­lern.

Man kann zum Bei­spiel sagen, dass man sich nicht für eine sol­che Maß­nah­me qua­li­fi­ziert und kom­pe­tent fühlt und das erst ein­mal bespre­chen möch­te, mit der Schul­lei­tung, oder der Schul­psy­cho­lo­gie – oder den Eltern. Oder man kann sagen, dass es die eige­ne Welt­an­schau­ung nicht zulässt, so zu han­deln, als ob ein Mäd­chen ein Jun­ge sein könn­te.

Man soll­te in jedem Fal­le respekt­voll sein: Viel­leicht kann man zusa­gen, dann ein­fach gar kei­ne Pro­no­men zu ver­wen­den. Und sich bereit erklä­ren, z.B. einen ers­ten oder zwei­ten Vor­na­men so zu ver­wen­den, dass er geschlechts­neu­tral klingt: zur Not z.B. „Leo“, wenn das Mäd­chen Leo­nie heißt. Wich­tig ist, dass die Bezie­hung zur Schü­le­rin nicht kom­plett abreißt – aber auch, dass man sich selbst treu bleibt.

FHM: Wozu ist die Lehrkraft rechtlich verpflichtet im Umgang mit einem neu gewählten Geschlechtseintrag? Beispielsweise im Sport?

Susan­ne:  Ich bin jetzt kei­ne Juris­tin oder Exper­tin im Schul­recht. Aber so viel kann ich, den­ke ich, schon sagen: Wenn es im jewei­li­gen Bun­des­land nicht expli­zit anders gere­gelt ist, sind Lehr­kräf­te nicht ver­pflich­tet, neue „selbst­ge­wähl­te“ Namen zu ver­wen­den – oder Jungs plötz­lich wie Mäd­chen anzu­spre­chen. Das gilt ins­be­son­de­re für Noten, die für Mäd­chen und Jun­gen unter­schied­lich ver­ge­ben wer­den: Ein Jun­ge, der sich als „trans“ erklärt, kann im Sport nicht plötz­lich wie ein Mäd­chen beno­tet wer­den.

Aber man muss ja auch die Situa­ti­on der ande­ren Schü­le­rin­nen und Schü­ler in den Blick neh­men: Sie dür­fen nicht ein­fach „über­wäl­tigt“ wer­den.

Was bedeutet die Aussage, man dürfe die anderen Schülerinnen und Schüler nicht „überwältigen“?

Man hat sich in den 70ger Jah­ren des letz­ten Jahr­hun­derts auf den soge­nann­ten „Beu­tels­ba­cher Kon­sens“ geei­nigt, der als fach­lich aner­kann­te Grund­la­ge für die poli­ti­sche Bil­dung auch an Schu­len gilt, obwohl er streng­ge­nom­men nicht rechts­ver­bind­lich ist. Ich zitie­re ein­mal kurz die drei zen­tra­len didak­ti­schen Leit­ge­dan­ken aus dem Ein­trag der Bun­des­zen­tra­le für poli­ti­sche Bil­dung hier­zu:

„I. Über­wäl­ti­gungs­ver­bot.
Es ist nicht erlaubt, den Schü­ler – mit wel­chen Mit­teln auch immer – im Sin­ne erwünsch­ter Mei­nun­gen zu über­rum­peln und damit an der „Gewin­nung eines selb­stän­di­gen Urteils“ zu hin­dern. Hier genau ver­läuft näm­lich die Gren­ze zwi­schen Poli­ti­scher Bil­dung und Indok­tri­na­ti­on. Indok­tri­na­ti­on aber ist unver­ein­bar mit der Rol­le des Leh­rers in einer demo­kra­ti­schen Gesell­schaft und der – rund­um akzep­tier­ten – Ziel­vor­stel­lung von der Mün­dig­keit des Schü­lers.

2. Was in Wis­sen­schaft und Poli­tik kon­tro­vers ist, muss auch im Unter­richt kon­tro­vers erschei­nen.
Die­se For­de­rung ist mit der vor­ge­nann­ten aufs engs­te ver­knüpft, denn wenn unter­schied­li­che Stand­punk­te unter den Tisch fal­len, Optio­nen unter­schla­gen wer­den oder Alter­na­ti­ven uner­ör­tert blei­ben, ist der Weg zur Indok­tri­na­ti­on beschrit­ten. Zu fra­gen ist, ob der Leh­rer nicht sogar eine Kor­rek­tur­funk­ti­on haben soll­te, d. h. ob er nicht sol­che Stand­punk­te und Alter­na­ti­ven beson­ders her­aus­ar­bei­ten muss, die den Schü­lern (und ande­ren Teil­neh­mern poli­ti­scher Bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen) von ihrer jewei­li­gen poli­ti­schen und sozia­len Her­kunft her fremd sind.
[…]
3. Der Schü­ler muss in die Lage ver­setzt wer­den, eine poli­ti­sche Situa­ti­on und sei­ne eige­ne Inter­es­sen­la­ge zu ana­ly­sie­ren,
sowie nach Mit­teln und Wegen zu suchen, die vor­ge­fun­de­ne poli­ti­sche Lage im Sin­ne sei­ner Inter­es­sen zu beein­flus­sen.“   

Wir haben ja vor­hin bespro­chen, dass die Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie kei­ne wis­sen­schaft­lich bestä­tig­te Theo­rie ist, sie ist eher eine Mei­nung, eine Welt­an­schau­ung, eine poli­ti­sche Über­zeu­gung – also darf man Schü­ler, die nicht an sie glau­ben, damit auch nicht indok­tri­nie­ren. Leh­rer müs­sen in der Schu­le viel­mehr zei­gen, dass sie in der Gesell­schaft kon­tro­vers dis­ku­tiert wird – und wir müs­sen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler in die Lage ver­set­zen, sich eine eige­ne Mei­nung zu bil­den.

FHM: Kommunikation mit den Eltern: Wie sollte die Lehrkraft ihre Haltung und Vorgehensweise den Schülereltern kommunizieren?

Susan­ne: Ins­be­son­de­re, was die Sexu­al­erzie­hung anbe­langt, ist ja in den meis­ten Bun­des­län­dern  eine enge Zusam­men­ar­beit zwi­schen Schu­le und Eltern­haus vor­ge­se­hen. Nie­der­sach­sen hat­ten wir ja gera­de schon, auch in den Ham­bur­ger Bil­dungs­plä­nen heißt es:  Schu­li­sche Sexu­al­erzie­hung knüpft an die Sexu­al­erzie­hung des Eltern­hau­ses und der Grund­schu­le an und ergänzt die­se. Im Sin­ne einer ver­trau­ens­vol­len Zusam­men­ar­beit wird den Eltern die Gele­gen­heit gege­ben, ihre Erfah­run­gen und Vor­stel­lun­gen in die schu­li­sche Arbeit ein­zu­brin­gen.

Ich kann mir jetzt vor­stel­len, dass die Eltern über­wie­gend eher kri­tisch gegen­über der Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie sind und eher nicht dafür, den Kin­dern bei­zu­brin­gen, dass sie evtl. „im fal­schen Kör­per ste­cken“. Aber das muss man im Ein­zel­fall sehen, ob in der Klas­se nun ein Kind ist, dass sich als „trans“ iden­ti­fi­ziert und des­sen Eltern gro­ße Ver­fech­ter der Theo­rie sind – oder eben nicht.

Ich den­ke, man kann sei­ne per­sön­li­che Hal­tung, wenn irgend mög­lich, klar und respekt­voll kom­mu­ni­zie­ren. Idea­ler­wei­se nimmt man sich zum Klas­sen­el­tern­abend noch eine ande­re Lehr­kraft zur Unter­stüt­zung mit. Aber klar ist: Als Lehr­kraft muss man sich an die gel­ten­den Rege­lun­gen im Bun­des­land hal­ten.

Eva: Hat ein Kind, das sich als „trans“ definiert, Anspruch darauf, sich Dokumente entsprechend seiner neuen Identität ausstellen zu lassen?

Susan­ne: Wie gesagt, ich bin kei­ne Juris­tin, aber ich den­ke, all­ge­mein kann man sagen: Wenn es kei­ne strikt anders­lau­ten­de Rege­lung im Bun­des­land gibt – und das könn­te mög­li­cher­wei­se in Ber­lin dem­nächst so sein, wenn die Behör­den geprüft haben, gilt:

  • Ohne eine recht­li­che Namens­än­de­rung nach dem TSG hat kein Schü­ler und kei­ne Schü­le­rin Anrecht dar­auf, mit einem neu­ge­wähl­ten, meist gegen­ge­schlecht­li­chen Namen ange­spro­chen zu wer­den. Leh­rer dür­fen es ent­spre­chend anre­den, wenn das den Rege­lun­gen ent­spricht, dem inter­nen Schul­kon­zept und der Wei­sung der Schul­lei­tung – aber sie müs­sen nicht, sofern es nicht bin­dend in den Rege­lun­gen fest­ge­legt ist, im Schul­kon­zept oder der Wei­sung der Schul­lei­tung.
  • Schu­le und Leh­rer müs­sen kei­ne schrift­li­chen Unter­la­gen und Zeug­nis­se gemäß des Wunsch­ge­schlechts aus­stel­len oder gar rück­wir­kend ändern – es sei denn, die Ände­rung von Namens- und Geschlechts­ein­trag wur­den – lt. momen­ta­ner Rechts­la­ge gemäß TSG – gericht­lich bestä­tigt. Es gibt im Moment Ver­su­che, Schu­len dazu zu brin­gen, Zeug­nis­se in dop­pel­ter Aus­füh­rung aus­zu­ge­ben: Ein­mal mit dem gesetz­lich gül­ti­gen, ein­mal mit dem „Wunsch­na­men“. Sofern das nicht genau so gere­gelt ist im jewei­li­gen Bun­des­land, ist das kei­ne gute Idee: So kön­nen Schü­le­rIn­nen und Schü­ler evtl. ihre Eltern täu­schen, die dann vllt. gar nicht mit­be­kom­men, dass ihr Kind in der Schu­le als „trans“ auf­tritt.
  • Vor­ge­schrie­ben ist der gesetz­li­che Name in jedem Fall, wenn der Jugend­li­che als Zeugin/Zeuge vor Gericht auf­tritt (Wahr­heits­pflicht §§ 153 ff Straf­ge­setz­buch – StGB). Außer­dem gemäß § 111 Ord­nungs­wid­rig­kei­ten­ge­setz zur Iden­ti­täts­fest­stel­lung durch eine Behör­de.

Eva: Was hältst du von Unisextoiletten? Sind dann alle Probleme gelöst, weil sie ja von allen benutzt werden können, wie die Anhänger der Genderidentitätstheorie behaupten?

Susan­ne: Die Auf­he­bung der Schutz­räu­me für Schü­le­rin­nen– die soge­nann­te Toi­let­te für alle – ent­facht vie­le Dis­kus­sio­nen in der Schul­kon­fe­renz bzw. im Schul­fo­rum (da gibt es je nach Bun­des­land unter­schied­li­che Bezeich­nun­gen). Nach §3 Abs. 1 Arbeits­stät­ten­ver­ord­nung, Anhang Punkt 4 gilt: „Umkleide‑, Wasch- und Toi­let­ten­räu­me sind für Män­ner und Frau­en getrennt ein­zu­rich­ten oder es ist eine getrenn­te Nut­zung zu ermög­li­chen.“ Auch in der CEDAW, der in Deutsch­land ver­bind­li­chen Frau­en­rechts­kon­ven­ti­on, steht es nahe­zu gleich­lau­tend.

Aller­dings ent­schlie­ßen sich immer mehr Schu­len, die sog „Toi­let­te für alle“ ein­zu­rich­ten – mit allen vor­her­seh­ba­ren nega­ti­ven Fol­gen beson­ders für Mäd­chen.

Sei­tens der Sach­auf­wands­trä­ger wer­den inzwi­schen Argu­men­te für die Uni­sex-Toi­let­te gel­tend gemacht, denn in vie­len Schul­ge­bäu­den ist die Toi­let­ten­si­tua­ti­on für Schü­le­rin­nen und Schü­ler all­ge­mein unbe­frie­di­gend: Lan­ge War­te­zei­ten vor Mäd­chen­toi­let­ten kön­nen ver­mie­den wer­den, wenn alle vor­han­de­nen Toi­let­ten­an­la­gen auch von allen genutzt wer­den dür­fen. Es geht in vie­len Fäl­len nicht in ers­ter Linie um einen geschlech­ter­po­li­ti­schen Vor­stoß, son­dern um den Ver­such, begrenz­te räum­li­che Kapa­zi­tä­ten effek­tiv zu nut­zen. Hier kommt die Selbst­be­stim­mungs­de­bat­te für die Sach­auf­wands­trä­ger eher zu einem güns­ti­gen Moment.

Den­noch gibt es gewich­ti­ge Argu­men­te gegen Uni­sex-Toi­let­ten an Schu­len, die nicht auf dem Behar­ren auf einer ver­meint­lich über­kom­me­nen Geschlech­ter­se­gre­ga­ti­on fußen: Es stellt sich die Fra­ge, ob es wirk­lich dem Inter­es­se aller ent­spricht, die glei­che Toi­let­te zu benut­zen. So gab es an man­chen Schu­len Beschwer­den über die man­geln­de Sau­ber­keit der Uni­sex-Toi­let­ten, für die männ­li­che Schü­ler ver­ant­wort­lich gewe­sen sein sol­len. Ein wei­te­res Argu­ment gegen Uni­sex-Toi­let­ten an Schu­len ist die Funk­ti­on der Mäd­chen-Toi­let­te als Schutz- und Rück­zugs­raum, der dann ver­lo­ren gin­ge. Aus Eng­land wird z.B. berich­tet[i], dass Mäd­chen weni­ger trin­ken, um den Toi­let­ten­gang zu mei­den und sich wäh­rend ihrer Mens­trua­ti­on häu­fi­ger krank­mel­den, da sie sich in gemischt­ge­schlecht­li­chen Sani­tär­räu­men nicht mehr wohl und geschützt füh­len. Außer­dem gibt es Bele­ge, auch aus Eng­land mei­ne ich, dass es in gemischt­ge­schlecht­li­chen Sani­tär­räu­men und Umklei­den mehr Über­grif­fe gibt.

 Eva: Können Eltern von Mädchen und Mädchen fordern, in ihrer Schule getrenntgeschlechtliche Toiletten vorzuhalten?

Susan­ne: Ich den­ke, sie soll­ten es in jedem Fal­le tun, wenn die Mäd­chen ihre eige­nen Toi­let­ten behal­ten möch­ten – schließ­lich ent­spricht das gel­ten­dem inter­na­tio­na­len Recht. Es kommt vor, dass vor­ran­gig die Mäd­chen­toi­let­ten zu Unis­ex­toi­let­ten umge­wid­met wer­den, weil es da ja schon Ein­zel­ka­bi­nen gibt. Wenn es dann dazu kommt, dass Mäd­chen zu den rei­nen Mäd­chen­toi­let­ten viel wei­ter lau­fen müs­sen bzw. es weni­ger rei­ne Mäd­chen­toi­let­ten gibt, wird das schnell sehr unge­recht.   

Eva: Stichwort Klassenfahrt gemischgeschlechtliche Unterbringung: Lobbyorganisationen der Transgenderlobby versuchen Lehrkräften Angst einzujagen, dass sie Jungs, die sich als Mädchen definieren, nicht mehr bei den Jungs unterbringen dürfen, weil sie sich dann strafbar machen. Wie siehst du das? Und wie können Lehrkräfte ihrer Aufsichtspflicht genügen, ohne sich der Gendertheorie zu unterwerfen?

Susan­ne: In der Tat beru­fen sich die Orga­ni­sa­tio­nen auf §9 (3) SGB VIII, wonach es gilt, „die unter­schied­li­chen Lebens­la­gen von Mäd­chen, Jun­gen sowie tran­si­den­ten, nicht­bi­nä­ren und inter­ge­schlecht­li­chen jun­gen Men­schen zu berück­sich­ti­gen, Benach­tei­li­gun­gen abzu­bau­en und die Gleich­be­rech­ti­gung der Geschlech­ter zu för­dern“.

Aber so extrem, wie Du es schil­derst, habe ich das jetzt noch nicht gese­hen – ich ken­ne es eher so: Man ver­sucht, Leh­rern zu ver­mit­teln, dass sie Schü­ler ruhig  gemischt­ge­schlecht­lich unter­brin­gen dür­fen, also dass sie Jun­gen, die sich als „trans“ iden­ti­fi­zie­ren, also als Mäd­chen, pro­blem­los mit Mäd­chen im sel­ben Schlaf­saal unter­brin­gen dürf­ten. In einer Bro­schü­re steht z.B. Fol­gen­des: „Das Gesetz sieht in §180 StGB vor, dass sich eine Per­son u.a. straf­bar macht, wenn die­se einer sexu­el­len Hand­lung an einer Per­son unter 16 Jah­ren „durch das Gewäh­ren oder Ver­schaf­fen von Gele­gen­hei­ten Vor­schub leis­tet“. Mit dem Sexu­al­straf­recht gehen soge­nann­te Alters­schutz­gren­zen ein­her. Grup­pen­lei­tun­gen haben dafür Sor­ge zu tra­gen, dass unter 14-Jäh­ri­ge gene­rell kei­nen sexu­el­len Kon­takt haben, auch nicht mit ihrem Ein­ver­ständ­nis und auch wenn die ande­re Per­son eben­falls unter 14 Jah­re alt ist. Bei unter 16-Jäh­ri­gen dür­fen Grup­pen­lei­tun­gen sexu­el­le Hand­lun­gen nicht durch das im Zitat genann­te  „Vor­schub­leis­ten“ beför­dern. Damit wird klar, dass eine mög­li­che Straf­bar­keit nach §180 über­haupt erst in Fra­ge kommt, wenn es sich um Teil­neh­men­de han­delt, die unter 16 Jah­re alt sind.

Und dann wird lang und breit erklärt, dass es ja nicht nur zwi­schen Mäd­chen und Jungs zu sexu­el­len Hand­lun­gen kom­men kön­ne, son­dern auch zwi­schen Mäd­chen, und zwi­schen Jungs, und zwi­schen „nicht­bi­nä­ren“ Jugend­li­chen – und dass des­halb die gemein­sa­me Unter­brin­gung in kei­nem Fal­le als ein „Vor­schub­leis­ten“ gel­ten kön­ne, also als straf­ba­res „Ver­schaf­fen von Gele­gen­hei­ten“.

Wir kön­nen das hier schon abkür­zen: Schul­lei­tun­gen und Lehr­kräf­te sind sich, den­ke ich, sehr einig dar­über, dass es ent­schei­dend ist, nicht zwei Jugend­li­che gemein­sam über­nach­ten zu las­sen, deren sexu­el­le Hand­lun­gen mit­ein­an­der zu einer Schwan­ger­schaft füh­ren kön­nen.

Die Fra­gen stell­te Eva Engel­ken


[i] https://www.dailymail.co.uk/news/article-7542005/Girls-skipping-school-avoid-sharing-gender-neutral-toilets-boys.html

4 Fragen für Breakout-Rooms

  1. Wel­che Erfah­run­gen haben Sie an Ihrer Schu­le mit Kin­dern gesam­melt, die sich einem ande­ren Geschlecht zuord­nen?
  2. Wie beur­tei­len Sie das Schul­ma­te­ri­al im Hin­blick auf etwa­ige Ein­flüs­se der Gen­der­iden­ti­täts­theo­rie?
  3. Sta­tis­tisch sind Mäd­chen bei den Tran­si­ti­ons­wün­schen über­re­prä­sen­tiert. Wor­an könn­te das lie­gen – und wie könn­te man gegen­steu­ern?
  4. Wie könn­te ein Kon­zept an einer Schu­le zum Umgang mit Jugend­li­chen, die sich als „trans“ iden­ti­fi­zie­ren, aus­se­hen?

Heroica – Jetzt Tickets sichern!

heroica – Die Konferenz für widerständige Frauen

Wir sind viele!

Auf dieser Seite führen wir die Informationsströme – Beiträge, Links, Comments, Berichte etc. von vielen engagierten Feministinnen/ Bloggerinnen/Initiativen – zusammen und machen sie auf einer Plattform zugänglich.

Sie wollen auch dabei sein?

Schreiben Sie an info@frauenheldinnen.de

Ein Projekt von

Frauenheldinnen e.V. – Die gemeinnützige Förderplattform

Frauenheldinnen e.V. – Die gemeinnützige Förderplattform

Mehr zum Thema:

Dokumentation Veranstaltung des Kompetenznetzwerks am 21.3.24

„Müde und durstig im Klassenzimmer – wenn Ramadan auf Schulalltag trifft“: Interview mit Sigrid Herrmann

Am 21.3.2024 refe­rier­te Sig­rid Her­mann im Kom­pe­tenz­netz­werk der Frau­en­hel­din­nen zum The­ma „Müde und durs­tig im Klas­sen­zim­mer – Wenn Rama­dan auf Schul­all­tag trifft. Hin­ter­grund und Hand­lungs­emp­feh­lun­gen“. Hier doku­men­tie­ren wir den Vor­trag und die Fra­gen, die sie beant­wor­tet hat.

mehr lesen

Dokumentation Veranstaltung des Kompetenznetzwerks am 21.3.24

„Müde und durstig im Klassenzimmer – wenn Ramadan auf Schulalltag trifft“: Interview mit Sigrid Herrmann

Am 21.3.2024 refe­rier­te Sig­rid Her­mann im Kom­pe­tenz­netz­werk der Frau­en­hel­din­nen zum The­ma „Müde und durs­tig im Klas­sen­zim­mer – Wenn Rama­dan auf Schul­all­tag trifft. Hin­ter­grund und Hand­lungs­emp­feh­lun­gen“. Hier doku­men­tie­ren wir den Vor­trag und die Fra­gen, die sie beant­wor­tet hat.

mehr lesen
Share This