„Einen Beutel Kokain kann man einmal verkaufen. Ein 5‑jähriges Kind 5- bis 10-mal pro Tag über 10 Jahre“
Filmzitat von Tim Ballard (gespielt von Jim Caviezel)
Der Film „Sound of Freedom“ von Jim Caviezel läuft seit Anfang Juli in den US-Kinos und erhitzt die Gemüter. Die meisten Menschen, die diesen Film sehen, sind bestürzt, geschockt, verstört. Die Kritiken auf „Rotten Tomatoes“ sprechen eine klare Sprache:
Man sollte meinen, bei einem Film, der sich des Themas „Kinderhandel“ annimmt, sind sich alle einig – egal aus welcher politischen Richtung oder aus welchem kulturellen oder religiösen Hintergrund sie kommen. Schaut man sich die Reaktionen mancher Medien an, reibt sich der Zuschauer aber verwundert die Augen. So ging es mir zumindest, als ich diverse „Reviews“ zu dem Film las. Doch der Reihe nach.
Inhalt des Films „Sound of Freedom“ (Spoiler)
SoF ist keine Dokumentation und auch keine Biografie. Der Film ist als Thriller konzipiert, bleibt aber unaufgeregt, fast schon zu ruhig. So schafft er aber dennoch eine fast zweistündige beklemmende Atmosphäre, die dem Thema durchaus angemessen ist. Der Film erzählt die Geschichte von Timothy Ballard und seinem Werdegang vom Agenten bei der US-Homeland Security hin zum Aktivisten und Gründer der Non-Profit-Organisation „Operation Underground Railroad“ (O.U.R.). Dies geschieht am Beispiel der Geschichte zweier Geschwister aus Honduras, 7 und 11 Jahre alt, die durch das Versprechen eines lukrativen „Model“-Jobs in die Kinderhandelsringe geraten. Es kommen keine expliziten Szenen vor, aber genug Beschreibungen und Andeutungen, die keinen Zweifel beim Zuschauer lassen, was dort passiert. Tim Ballard, gespielt von Jim Caviezel, stößt im Rahmen seiner Tätigkeit als Agent und einer Festnahme eines Pädophilen per Zufall auf den Jungen und beschließt, ihn zu retten. Im Laufe des Films kümmert er sich ebenfalls um die Rettung des Mädchens, taucht immer weiter in den Sumpf der Pädoringe und Menschenhändler ab und kündigt sogar seinen Job, um frei handeln zu können. Es folgen ein Undercover Einsatz, neue Freunde und Allianzen, eine Razzia in Zusammenarbeit mit den Behörden in Kolumbien und schließlich die Wiedervereinigung der Kinder mit ihrem Vater und die Rückkehr Ballards zu seiner Familie, nachdem er einige Monate in Südamerika verbracht hatte.
Was ist wahr, was Fiktion?
Die Razzia auf der Insel gab es wirklich. Die beiden Kinder existieren allerdings nicht so wie im Film dargestellt, auch wenn gerade die Geschichte des Jungen auf einer wahren Begebenheit basiert. Timothy Ballard hat auch niemanden getötet oder sich alleine durch den Dschungel gekämpft. Hier muss man sich vor Augen halten, dass ein Film eben keine Dokumentation ist. Ballard war Agent für die Homeland Security und ist Gründer der O.U.R.. Seine Freunde in Südamerika existieren ebenfalls, auch wenn sie an den speziellen Operationen nicht teilgenommen haben.
Alles in allem hat die Handlung einen wahren Kern. Die am Ende angegebenen Zahlen zu modernem Menschen- und Kinderhandel stimmen ebenfalls, wobei es sich naturgemäß um Schätzungen handelt. O.U.R. hat auch klargestellt, dass die meisten Kinder nicht gewaltsam entführt werden, sondern Opfer von sogenanntem „Grooming“ werden. Dies spielt im Film allerdings keine Rolle. Ballard bzw. O.U.R. sind nach wie vor aktiv. Über deren Arbeit kann man sich z.B. auf YouTube kostenlos ganze Dokumentationen anschauen, wenn man sich für das Thema näher interessiert.
Channel O.U.R.: https://www.youtube.com/@OurRescueOrg
Die unbegründeten Vorwürfe zum Film
Die Rezensionen zum Film sind sich einig. Selbst die meisten professionellen Kritiker haben nichts am Inhalt auszusetzen. Aber es gibt einige Stimmen, die mit abenteuerlichen Vorwürfen versuchen, Stimmung gegen den Film zu machen.
Ein paar Beispiele. Prostasia Foundation beklagt auf Twitter, dass der Film benutzt werde, um Hass gegen Außenseiter zu rechtfertigen, „in diesem Fall Immigranten und queer und trans Menschen“.
„Like all moral panics, this one gets used to justify hatred against perceived outsiders, in this case immigrants and queer and trans people.“ https://t.co/FTL2vpX2cN
— Prostasia Foundation (@ProstasiaInc) July 18, 2023
Fokus spricht von einem „unheimlichen Verschwörungsblockbuster“. Die Tagespost spricht von Trump-Propaganda.
Der Tenor bei diesen Artikeln teils hochrenommierter Portale und Zeitungen ist immer gleich: Verschwörungstheorie, „rechts“, transphob, queerfeindlich, fremdenfeindlich, rassistisch, adrenochrom.
Ich habe den Film gesehen und kann sagen: Nichts davon beinhaltet der Film. Mehr noch: Nichts davon kann man guten Gewissens auch nur hineininterpretieren. Es kommt schlicht nichts davon vor; gar nichts, im Gegenteil. Die Täter sind meist „alte weiße Männer“, die die Armut und Not von Menschen ausnutzen, um sich selbst an den Kindern zu vergehen, sie zu benutzen. Entweder als Sex- oder als Arbeitssklaven.
Politik spielt keine Rolle, „queer“ oder „trans“ kommt nicht vor. Es geht nicht um irgendwelche „jüdischen Weltverschwörungen“, wie mir ein Twitternutzer kürzlich weismachen wollte, niemand äußert sich irgendwer rassistisch oder diskriminiert irgendwen. Liest man sich diese Artikel durch, wird schnell klar: Hier werden Vorwürfe über mehrere Ecken konstruiert. Sie halten keiner genaueren Überprüfung stand, aber das ist auch gar nicht notwendig. Denn wer liest heute schon mehr als nur die Überschrift?
Wer prüft schon nach? Es steht in Zeitung XY, also muss es stimmen.
Ich frage mich: Was hat der Kampf gegen Kinderhandel, gegen Pädoringe mit „rechts“ oder „links“ zu tun? Wenn jemand gegen diesen Sumpf vorgeht, ist es doch egal, wen er wählt, an was er glaubt oder welche Hautfarbe er hat, oder? Es sollte zumindest so sein, doch offenbar denken nicht alle so. Warum?
Der ehemalige NZZ-Kolumnist Milosz Matuschek fragt auf seinem Blog „Freischwebende Intelligenz.org“ „Warum versucht der Medienmainstream einen Film schlecht zu reden oder klein zu halten, der sich einem so wichtigen Thema widmet?“ https://open.substack.com/pub/miloszmatuschek/p/sound-of-freedom-ist-der-kampf-fur?r=anpur&utm_campaign=post&utm_medium=web
Er fragt weiter: „Fürchtet man, dass der Film bestimmte Themen wieder in den Fokus des Publikumsinteresses rückt, die der Mainstream schon längst begraben hat?“
Persönliche Einschätzung
Der Film ist nicht schlecht. Man muss sich aber auch vor Augen halten, dass es eine Low-Budget-Produktion ist und er schon einige Jahre auf Halde lag, bis er schlussendlich dieses Jahr in die Kinos kam. Was den Film so emotional macht, ist, dass es wirklich Kinderhandel und Pädoringe gibt, die nur schwer aufzubringen sind. Viel zu viele Menschen schauen immer noch weg, viele Ämter, Behörden, Richter und Anwälte gehen zu lax mit entsprechenden Fällen um. Es fehlt an Personal und Mitteln, um effektiv ermitteln zu können.
Vielleicht auch am Willen?
Immer mal wieder wird in Deutschland die Schutzaltersgrenze diskutiert, ab der eine Person juristisch als einwilligungsfähig für sexuelle Handlungen angesehen wird. Kinder lernen immer früher sexuelle Praktiken Erwachsener kennen, Jugendorganisationen von Bundestagsparteien fordern die Abschaffung des Inzestverbots und Täter kommen immer wieder mit milden Strafen davon – obwohl die Rückfallquote enorm ist.
Laut offiziellen Zahlen des BKA in Verbindung mit einer angenommenen Dunkelziffer von 1:15 – 1:25 sitzt aktuell in jeder einzelnen Schulklasse mindestens ein Kind, das sexuell missbraucht wird.
Das heißt, wir reden von hunderttausenden Kindern, allein in Deutschland, die Opfer von Sexualgewalt werden. Kinderhandel und Pädoringe sind hier noch nicht eingerechnet aus den genannten Gründen.
- Ca. 40 Millionen Menschen leben heute weltweit als „moderne Sklaven“. Das ist mehr als drei Mal so viel wie es Sklaven in der Zeit vom 15. bis 19. Jahrhundert gab!
- 71% dieser Sklaven sind Frauen und Mädchen.
- 25% (ca. 10 Millionen) sind Kinder…
- Die Zielländer sind in der Hauptsache die USA und Westeuropa. Genaue Zahlen gibt es in der Natur der Sache begründet leider nicht.
- Artikel im Guardian mit Referenz zur „United Nations ILO“:
https://www.theguardian.com/news/2019/feb/25/modern-slavery-trafficking-persons-one-in-200 - UNICEF-Report zum Kinderhandel in und mit Europa (PDF):
https://www.unicef-irc.org/publications/pdf/childtraffic_europe_summary_nov09_rev.pdf
Unsere Kinder befinden sich im Fadenkreuz von Straftätern. Weltweit. Und noch nie war es leichter als heute für Pädophile, Groomer und Menschenhändler, sich zu organisieren, Filme und Bilder zu teilen, Strategien zu entwickeln und Kinder zu kaufen oder zu verkaufen. Aber es war auch noch nie leichter als heute, diese Leute dingfest machen zu können. Die Mittel sind eigentlich da. Die Wege auch. Man muss es nur wollen.
Diejenigen, die den Film in die rechte Ecke rücken, wollen es offenbar nicht. Ihnen ist es wichtiger, über echte oder vermeintliche Verschwörungen zu sprechen anstatt über den real existierenden Skandal, der darin besteht, dass Kinder organisiert zu Opfern von Sexualstraftätern werden.
Aber wir können darüber sprechen. Und jeder von uns kann dazu beitragen. Wir müssen die Augen offenhalten, auf Veränderungen im Verhalten von bekannten Kindern achten, Zeichen lesen lernen. Wir müssen klar nein sagen, wenn etwas gegen unser Bauchgefühl geschieht, wenn uns etwas nicht behagt, seltsam vorkommt. Es sind kleine Dinge, die aber das Größte sein können für Betroffene. Ich hätte mir in meiner Kindheit Leute gewünscht, die für mich gesprochen hätten, doch es haben alle weggeschaut.
Wir leben in einer Zeit, in der wir mehr Möglichkeiten haben als jemals zuvor. Wir haben alle Informationen jederzeit verfügbar. Doch wir lesen meist nur Überschriften und schauen bei Unangenehmem lieber weg. Wegschauen ist verständlich, aber das hilft letztlich nur den Tätern.
Der Film „Sound of Freedom“ läuft in den USA derzeit im Kino, soll aber später auf der Seite der Produktionsfirma ggf. kostenlos als Stream abrufbar sein. Wann ist nicht bekannt.
Link zur Produktionsfirma:
https://www.angel.com/watch
Milosz Matuschek zu Sound of Freedom:
„Sound of Freedom“: Ist der Kampf für Kinderrechte jetzt auch schon „rechts“? (freischwebende-intelligenz.org)