In arabischen Staaten wie dem Iran oder Afghanistan müssen Frauen mit Haft, Folter und Tod rechnen, wenn sie sich weigern, ihre Haare oder womöglich ihren gesamten Körper mit Stoff zu verhüllen. Im liberalen Westen fordert eine muslimische Gruppierung, den Hijab als selbstbestimmte Entscheidung von Frauen anzuerkennen. Es nicht zu tun, zeuge von „antimuslimischem Rassismus“. Viele Feministinnen hingegen lehnen das Kopftuch als Unterwerfungsgeste unter eine religiös fundierte patriarchale Männergesellschaft ab. Wer hat Recht?
Wie muslimische Frauen den Hijab als Ausdruck eines reaktionären Wir-Gefühls im Sinne der Scharia propagieren
Fragt man Chat GBT an, was denn unter dem „Word Hijab Day“ zu verstehen sei, schreibt Chat GBT sehr freundlich:
„Der World Hijab Day ist ein jährlicher Gedenktag, der am 1. Februar stattfindet. Er wurde ins Leben gerufen, um das Bewusstsein für den Hijab, ein traditionelles muslimisches Kopftuch, zu fördern und Missverständnisse und Vorurteile abzubauen. An diesem Tag werden Menschen ermutigt, den Hijab zu tragen, um Empathie für muslimische Frauen zu zeigen und ein offenes Gespräch über ihre Erfahrungen und Herausforderungen zu ermöglichen. Es ist eine Gelegenheit, kulturelle Vielfalt und religiöse Toleranz zu feiern.“
Um welche vermuteten Missverständnisse und um welche Vorurteile geht es, die abgebaut werden sollen? Was soll die muslimische Welt jedes Jahr am 01. Februar lernen – und ganz besonders die nicht-muslimische Welt?
Warum der 1. Februar?
Dieses Datum ist kein zufälliger Termin. An diesem Tag kehrte Ajatollah Khomeini im Jahr 1979 aus dem Pariser Exil zurück und der Iran wurde quasi über Nacht zu einem Gottesstaat, in dem der fundamentalistische Islam zur Staatsdoktrin erklärt wurde. Das deutliche Symbol der Unterwerfung der gesamten Bevölkerung unter die Scharia war die Zwangsverschleierung der Iranerinnen, gegen die vor allen Dingen die iranischen Frauen nicht erst seit dem Mord an Jina Mahsa Amini unter Einsatz ihres Lebens protestieren.
Die Grausamkeiten im Iran gegen Frauen, die sich weigern, den in diesem Land verordneten Hijab weiterhin zu tragen, machen der Welt klar, welche Relevanz dieses Stück Stoff in der muslimischen Welt hat. Kürzlich ist im Iran eine junge Kurdin mit 74 Peitschenhieben bestraft worden, weil sie ein Foto veröffentlich hatte, auf dem sie ohne Hijab zu sehen war.
Freiwillig?
Das Tragen des Hijab scheint nur in westlichen Demokratien tatsächlich „freiwillig“ sein zu können. Hier verordnet wenigstens kein Staat das zwangsweise Tragen dieses „Kleidungsstücks“. Die Freiheit muslimischer Frauen, den Hijab zu verweigern, wird in Demokratien westlicher Prägung allerhöchstens ganz privat von Vätern, Brüdern, Cousins, Ehemännern und den entsprechenden Müttern eingeschränkt – leider allzu oft auch mit tödlicher Gewalt. Diese Ungeheuerlichkeit berührt die Verantwortlichen in europäischen Ländern offenbar kaum. Man lässt die Frauen in ihren aggressiv kontrollierenden Gemeinschaften alleine. Und für diese islamische Kleidungsnorm, den Hijab, wird alljährlich am ersten Februar weltweit geworben und Frauen in aller Welt werden dazu aufgerufen, aus Solidarität mit den Hijabträgerinnen einen Tag lang selbst einen Hijab zu tragen.
Welche Form der Solidarität wird hier eingefordert? In welche Komplizenschaften werden Frauen hineingelockt, wenn konservative Musliminnen ihnen den Hijab schmackhaft machen wollen? Für wen sollen europäisch sozialisierte Frauen oder säkulare Musliminnen Empathie und Solidarität entwickeln: für Frauen, die in ihren Familienverbänden gar keine andere Chance haben, als den Hijab zu tragen, wenn sie als ehrbar und rein gelten wollen? Für viele muslimische Männer, die eben nichts anderes gelernt haben, als dass nur eine verschleierte Frau eine ehrbare Frau sein kann? Für Frauen, die sich zu Steigbügelhalterinnen einer religiös motivierten Doktrin machen, die die Unterwerfung der Welt unter die Scharia fordert?
Jede Frau darf sich entscheiden, sollte aber wissen, was sie tut
Jede Frau, die hier im freien Europa einen Hijab trägt, hat ihre ganz persönlichen Gründe. Allerdings sollte sich keine muslimische Frau, die darauf besteht, einen Hijab zu tragen, über möglicherweise ablehnende Reaktionen wundern. Spätestens seit der Katastrophe für die Frauen in Afghanistan und Iran ist vielen Menschen in Europa klar geworden, welch totalitärer, misogyner Geist durch dieses Stück Stoff rauscht.
Bei jeder Meldung eines Übergriffs auf Hijab-tragende Musliminnen fühlen viele von uns Scham für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger, die ihren, wie auch immer motivierten, Alltagsrassismus an muslimischen Frauen auslassen, die als Zeichen ihrer religiösen und kulturellen Identität ein Kopftuch tragen möchten.
Auf der anderen Seite ist erstaunlich, wie wenig gerade diese intelligenten und gut qualifizierten Frauen, die am Hijab Day ihre Kopfbedeckung weltweit bewerben, sich in die Angehörigen europäischer Nationen hineinversetzen können oder wollen, deren Gesellschafts- und Lebensform besonders durch radikale Muslime unter Beschuss geraten ist. Verpollerte Weihnachtsmärkte, bewachte Synagogen und Kirchen, sowie orchestrierte Angriffe auf Orte westlicher Lebensweise werden immer wieder auch in Verbindung gebracht mit dem Hijab, der ganz offenbar als ein Symbol der islamischen Einteilung der Welt in Muslime und Nicht-Muslime gesehen wird.
Und Nicht-Muslime, weder Christen noch Juden, leben in islamisch dominierten Ländern gleichberechtigt und in selbstverständlicher Sicherheit. Dass die Zusammenhänge zwischen Islam und Islamismus inzwischen auch von aufgeklärten oder ehemaligen Muslimen bestätigt werden, scheint an diesen jungen Frauen vorbei zu gehen.
Aus welcher Motivation werben junge Frauen für einen Hijab-Tag?
Beim anzunehmenden Bildungsstand der Hijab-Aktivistinnen wäre es wünschenswert, dass diese Werbeträgerinnen des konservativen Islam sich in die Position ihres Gegenübers versetzten und verstehen, dass ihr Kopftuch womöglich tatsächlich als Statement des politischen Islams in Europa aufgefasst wird und deshalb auch Sorge hervorruft.
Denn Europa hat die Geschlechtertrennung lange überwunden und strebt in keiner Weise eine reizfreie Gesellschaft an, die dadurch „reizfrei“ wird, dass Frauen ihre Haare bedecken und damit verhindern, dass Männer erotisch abgelenkt und dadurch die Familien gefährden würden. Die Rolle dieser Hijab-Aktivistinnen sollte hierzulande aufmerksam analysiert werden: Ägypten ist ein gutes Beispiel dafür, wie kopftuchtragende Frauen den kulturellen Rollback in einen religiös motivierten Konservatismus anzeigen, und zu Trägerinnen des entsprechenden Wertekanons werden.
Selbst das freiwillig getragene Kopftuch, das auch als Ausdruck internalisierter sozialer Kontrolle gedeutet werden kann, signalisiert der unverschleierten Europäerin doch, dass sie in den Augen der konservativen Muslime, ob zugewandert oder nicht, eben keine Würde und keinen Anstand besitze, weil sie ihre Haare offen trägt. Gute Gefühle kann uns Europäerinnen und Europäern der Hijab wohl kaum machen, da das Kopftuch seine Entsprechung im Verhalten der Männer findet, die unverschleierten Frauen oft keine Wertschätzung entgegenbringen können. Eine Tatsache, die nicht nur die Übergriffe auf der Kölner Domplatte eindrücklich gezeigt haben.
Es bleibt zu wünschen, dass Muslime und Musliminnen, die sich in Europa ansiedeln wollen, verstehen, dass sie hier in einer anderen Wertewelt angekommen sind, und dass ein wichtiges Zeichen dieser anderen Wertewelt ist, dass die Frauen in Europa keine Angst haben müssen, sich zu zeigen und frei zu bewegen. Nicht nur das, es obliegt ihrer persönlichen Freiheit, sich nach ihrem Gusto zu kleiden.
Das ostentative weltweite Werben für die Akzeptanz der islamischen Kleidungsnorm für Frauen wird von vielen Europäern und Europäerinnen eher als Übergriff und Bedrohung erlebt, denn als Empathie fördernd. Man stelle sich nur vor, Europäerinnen ließen sich mit ihren Männern z.B. in Marokko oder in Algerien nieder und starteten dort eine Werbekampagne für das Baden im Bikini an den Stränden des Landes. Mehr Respekt vor den Werten und sozialen Regeln hier in Europa wäre wünschenswert – besonders am 01.02. eines jeden Jahres. Das Reich der iranischen Mullahs kann für Europa kein Vorbild sein.